Samstag, 18. Mai 2013

Buchreview "Fakebook"

Alexander Broicher. Stellen Sie sich vor, Sie könnten jemand anderes sein. Jemand, der alles bekommt und alles erreicht, was er sich erträumt. So wie Frieder Kurtsmeier. Er ist ein Nichts, ein Niemand. bis er sich bei Facebook eine neue Identität verschafft, die ihm auch im echten Leben alle türen öffnet. Als Rocco beginnt er ein Doppelleben und nimmt Rache an all jenen, die ihn einst demütigten. Bis er zu weit geht....

Frieder Kurtsmeier ist tatsächlich eine Übernull. Von allen verachtet, links liegen gelassen, von der Freundin verlassen und im Job auf der Stelle tretend und ausgenutzt. Er kommt als die personifizierte soziale Inkompetenz daher und fragt sich, was die Leute an ihrem Treiben so finden und er will denselben Spaß und die gleichen Freunde und Freuden haben. Selbst auf dem angesagten Facebook wird er nicht beachtet. Da kommt ihm eines Tages die gelegneheit in Gestalt eines Fremden ins Haus, der ihn für einen gewissen Rocco hält, der ihm anscheinend seinen Hut verpfändet hat. Er löst den Deckel günstig aus und macht einen auf cool. Auf Facebook folgen sie ihm plötzlich wie eine Hammelherde um jede nichtnutzige Nachricht mit dem erhobenen Daumen zu bewerten, er findet massig neue Kumpels im netz. Er zieht seine Show ab und erfindet sich auch außerhalb des Netzwerkes neu und immer öfter hat er Erfolg. Und dann erscheint ihm auch noch die Figur des Rocco, mit der er redet und die ihm Dinge einflüstert, mit denen er sich an seinen Peinigern rächen kann, mit denen er auf der Erfolgsspur an ihnen vorüberziehen kann. Anfangs macht es ihm auch ordentlich Spaß, aber hin und wieder zieht er die Vorgehensweise des imaginären Kumpels, der ebenso echt ist, wie seine Facebook-Compadres, in Zweifel. Doch er macht weiter munter mit. bis er eine Grenze erreicht, von der es vielleicht kein zurück mehr gibt.

Alexander Broicher bringt seine Gesellschaftskritik speziell zu Beginn in vielen Themen unter: der Lebensmittelmarkt, der von Meinungsmachern und Nahrungspanschern beherrscht wird, die hirnlose Masse der Spaßgesellschaft, Intrigen auf Büroebene, Ausgrenzung von Andersdenkenden, Neid und Gier, die machenschaften der unternehmensberater, deren einzige "Leistung" die folgende Entlassungswelle ist, während deren sonstige "Ratschläge" ganz schnell als untauglich entlarvt werden und bei der nächsten Unternehmensumstrukturierung wieder aufgehoben werden (Natürlich ohne Neu- oder Wiedereinstellung von Personal, den diese Kostenersparnis heften sich die Manager mit den hohen Gehältern ja gerne ans eigene Revers ohne für die eigenen Fehler geradezustehen.). Und dann natürlich das allumfassnde Netzwerk von Facebook, wo jeder jeder sein kann und jeden Mist von sich geben kann, während der überall gespeichert wird. Da ist von den ausartenden Parties die rede, wo uneingeladene "Gäste" nur Bruch und Randale im Sinn haben und für die Konsequenzen nicht einstehen wollen und wie der Mensch das Auge für die echte Realität verliert und Facebook und die unsichtbaren Freunde für das einzig wahre Leben hält. Alles etwas überspitzt dargestellt,gewürzt mit kritischen Anmerkungen zu unserer heutigen Gesellschaft und hin und wieder etwas schwarzem Humor. Wer anhand der Inhaltsangabe und des etwas bluttriefenden Covers auf einen härteren Knaller aus dem Heyne Hardcore-Bereich gehofft hat, wird schnell enttäuscht. Hardcore ist nur der Preis von 12,99 Euro für ein augen- und verlagsfreundlich gesetztes Buch mit einigen Leerseiten als Füllsel, um auf rund 240 Seiten zu kommen. Frieder sieht ein, dass er mit dem Facebookquatsch nur in die Irre läuft und findet zum glücklichen Happy-End im richtigen Leben und hat dabei nur den einen oder anderen etwas verärgert wie seine Ex-Freundin mal versetzt und ihr die meinung  - natürlich nur per Facebook - gesagt und einen großkotzigen Vorgesetzten mit dessen ausschweifendem und auf Facebook bereitwillig breitgetretenen Lebensstil gaaaanz leicht erpresst. Sonst passiert da nichts außer Seiten langen und platzraubenden Unterhaltung im Netz, etwas rumgephantsiere. Die Idee war gut, aber die Ausführung in jedem Fall schwach, ob es nun Gesellschaftskritik sein sollte (da greif ich lieber zu Max Barry) oder nur eine humorvolle Abrechung mit dem Wahn der sozialen Netzwerke und deren Auswirkungen. Alles recht belanglos und mit eingien Fehlern (Namen vertauscht usw.) gespickt. War die - kurze - verschwendete Lebenszeit nicht unbedingt wert. Und unter Heyne Hardcore erwarte ich was anderes.

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