Montag, 21. April 2014

Buchreview "Galgenfrist für einen Toten" G. Ferris

Gordon Ferris. 1946. Der frühere Polizist Douglas Brodie kehrt in seine schottische Heimat zurück, gezeichnet und traumatisiert von den Kriegserlebnissen an der Front. Dort erreicht ihn ein Hilferuf: Hugh Donovan, ein Freund aus Kindertagen, sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Hinrichtung. Ihm wird der Mord an einem kleinen Jungen vorgeworfen. Hugh beteuert seine Unschuld, aber die erdrückende Last der Beweise spricht gegen ihn. Gemeinsam mit der Anwältin Samantha stößt Brodie schnell auf Widersprüche. noicht nur die Glasgower Unterwelt, auch Justiz, Polizei und sogar die Kirche versuchen ihre grausamen Geheimnisse zu verbergen. Und als weitere Leichen auftauchen, wird Brodie von seiner Vergangenheit eingeholt.

Im Krieg Verhörspezialist für die Befragung fieser Nazis, lebt Douglas Brodie jetzt in London und verdient sich seine Brötchen als Reporter. Doch bald erreicht ihn der Hilferuf von Hugh Donovan und er macht sich auf nach Glasgow, um diesem beizustehen und womöglich zu verhindern, dass der alte Kumpel, mit dem ihn eine Art Hassliebe verbindet, wegen Mordes aufgehängt wird. Es dauert nicht lange und er findet heraus, dass hier Einiges im Argen liegt. Auch beim Gespräch mit Donovans Anwältin Samantha Campbell tauchen diverse Ungereimtheiten auf. Brodie geht auf Befragungstour und muss sich bald mit seinen ehemaligen Kollegen herumstreiten, war er doch früher selbst Polizist, bevor er den Job hinwarf und zur Armee ging. Schnell fühlt er sich in seiner damaligen Entscheidung bestätigt: Es wird immer noch der einfachste Weg gewählt, Beweise untergeschoben, Gefangene verprügelt und lieber ein schneller Abschluss gesucht denn die Wahrheit. Doch Brodie gibt nicht auf und kommt bald hinter verschiedene Geheimnisse, die man gerne weiterhin begraben sehen würde. Als er einen Priester befragt, gibt der ihm Hinweise, dass es doch Zeugen der Taten gab und diese an einem anderen Ort versteckt würden. Brodie sucht diese Zeugen auf, erfährt nichts, muss sich aber auf dem Rückweg eines Anschlags auf sein Leben erwehren - und der Priester, von dem er den Tipp hatte, ist kurz danach auch tot. Immer mehr verdichten sich seine Ahnungen, dass nicht nur die Glasgower Gangster ihre Finger in dem Fall haben. Und auch die Beteiligten an den Vorfällen und dem verschwinden von weiteren Jungen merken schnell auf, als ihnen Brodie zu nahe kommt. Weitere Todesfälle sind unvermeidlich.

Sieht man einmal davon ab, dass an zwei Stellen kleinere Fehler übersehen wurden (Im Bomber gibt es keine "Heckenschützen" sondern "Heckschützen" und wenn man auf Seite 353 einen Schrank aufbricht, weil er mit dem Schlüssel nicht zu öffnen geht, kann man ihn auf Seite 354 wohl kaum wieder abschließen), ist "Galgenfrist für einen Toten" von Gordon Ferris, der mir aus der "Crime"-Reihe des Festa-Verlages als einziger Autor noch fehlte, ein Werk, das sich sehr viel auf die Charaktere konzentriert. Der vom Krieg gebrochene und desillusionierte Ex-Polizist, der durch ein düsteres Schottland der 40-er Jahre hetzt, um einen eher mittelmäßigen Fall zu lösen. Lässt man nämlich die gelungenen Figuren und das Ambiente einer Welt, die sich mit Ausbeutung und Umweltverschmutzung, Armut sowie den Nachwehen des vergangenen Krieges herumplagen muss, ausser Acht, dann hat man einen Thriller vor sich, dem es doch an etwas Herausragendem oder Ungewöhnlichen mangelt. Die Vernetzung von Justiz, Polizei, Unterwelt und Kirche in den Fall ist ziemlich simpel, die Beziehungskiste Klischee pur und all das wird nur durch vereinzelte historische Anmerkungen und Daten aufgepeppt. Leider fehlt es der Story auch lange Zeit an Tempo, was der Autor anscheinend im letzten Fünftel des Buches durch einige Actioneinlagen wieder wettzumachen versucht. Das Ganze etwas besser auf den Roman verteilt, wäre der Sache womöglich eher von Nutzen gewesen. Für mich bisher der schwächste Roman der "Crime"-Reihe, der zwar mit Authenzität und Atmosphäre sowie den Figuren punkten kann, aber für mich leider an einer zu gewöhnlichen Story krankt. Die Lobeshymnen auf dem Backcover erscheinen doch etwas zu begeistert. Ordentlicher Thriller ohne Alleinstellungsmerkmal (abgesehen von der Kulisse).

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