Donnerstag, 10. April 2014

Buchreview "Koma" Jo Nesbo

Jo Nesbo. In einem Krankenhaus liegt ein schwerverletzter Mann im Koma. Das Zimmer wird von der Polizei bewacht. Niemand soll erfahren, wer der geheimnisvolle Patient ist. Denn er hat einen Feind. Und der ist überall.

Ein junges Mädchen wird tot im Wald gefunden. Sie wurde brutal vergewaltigt. Zehn Jahre später wird an derselben Stelle ein Polizist getötet, sein Gesicht ist grausam entstellt. Eine Sonderkommission ermittelt unter Hochdruck. Doch es geschehen weitere Morde. Die Polizei hat keine Spur, und ihr bester Ermittler Harry Hole fehlt. Während die Kommission weiter im Dunkeln tappt und eigentlich nur sicher weiß, dass die Ermordeten Polizisten sind, wird der Komapatient trotz strenger Bewachung ebenfalls getötet - und der Polizist, der an der Tür Wache halten sollte, ist kurze Zeit danach gleichfalls auf der Opferliste. Mikael Bellman, mittlerweile ja Polizeipräsident, dessen Verbindung zum Drogenmilieu niemandem aufgefallen ist, sowie sein "Schatten" Truls Berntsen, der für Bellman die Drecksarbeit erledigt, passen akribisch darauf auf, dass keiner einen Verdachtsmoment gegen sie hat, da in den Fall auch Personen verwickelt sind, mit denen beide schon Ärger hatten. Speziell Berntsen, der oft auch Beweismittel vernichtet hat, muss sich sputen, dass seine Taten nicht ans Tageslicht kommen. Doch auch die besten Mittel der Behörde können nicht zu dem Täter führen. Und Bellman gerät auch noch in die Fänge der Sozialsenatorin, die sich ihn als Geliebten hält und für seine Zwecke ausnutzt. Pech für Bellman, dass seine Frau das mitbekommt. Und die liebe Senatorin ist auch schnell bereit, Bellman für ihre Karriere zu opfern, als es mit den Ermittlungen in den Polizistenmorden nicht vorangeht. Doch wenn es wirkich eng wird, zeigt sich das kriminelle Duo Bellman/Berntsen in Höchstform. Schnell haben sie zumindest diese Situation unter Kontrolle. Doch weitere Leichen, darunter auch eine Kollegin aus der Sonderkommission, erzeugen immer mehr Druck, endlich diesen brutalen Killer zu finden.

Eines vorweg: Auch wenn der Polizistenmörder ein ganz eigenständiger Plot ist, scheint es angebracht (auch wenn man dann das Personenverzeichnis am Ende des Buches liest), die vorhergehenden Romane um Harry Hole gelesen zu haben, da man ansonsten die Beziehungen der meisten Personen zueinander nicht wirklich nachvollziehen kann. Was jetzt "Koma" (Original "Politi" - also Polizei) angeht, lässt Jo Nesbo den Leser von einem Cliffhanger zum anderen wandern, baut ständig Spannung auf, führt den Leser so oft auf eine falsche Fährte und an der Nase durch die Manege, dass es irgendwann so viel wird, dass zumindest ich so ab dem letzten Drittel ganz einfach nicht mehr an seine Ablenkungsmanöver glaubte und zumeist auch richtig damit lag, dass er hier nur wieder irreführen wollte, aber wirklich wissen tut man es ja nie. Für einen Thriller aus einem der Publikumsverlagshäuser hat "Koma" schon einige Härten aufzuweisen, etliche Unsympathen mit ekligen Eigenschaften und undurchsichtige Charktere, die im Übrigen alle sehr gut herausgearbeitete Wesenszüge aufweisen. Und durch das Fehlen von Harry Hole mit seinem Hang zur Selbstzerstörung scheint diese düstere Grundstimmung, die jener immer auslöst, irgendwie trotz der ganzen Morde und Intrigen nicht mehr ganz so finster. Die Figur des Harry Hole hat mit ihren Eskapaden den Leser - also mich - immer mit in seine depressive Stimmung gezogen. Doch da, wo er fehlt, ist auch davon nichts mehr zu spüren. Jo Nesbo lässt hier wirklich fast alle (noch lebenden) Figuren aus den früheren Büchern auftreten, scheut sich auch nicht, Sympathieträgern Schaden zuzufügen, sie ganz aus der Handlung zu eliminieren. Der Roman ist nicht nur grundsolide, er ist ungemein stark, manchmal etwas derb-brutal, undurchschaubar, hoch spannend und wartet mit einem nicht ganz so verdächtigen Täter auf. Zudem drängt sich, obwohl einige der Antagonisten weiter ihr Unwesen treiben dürfen, ob des dennoch recht optimistischen Endes der Verdacht auf, dass dies das letzte Buch aus der Reihe sein wird. Gefördert wird diese Vermutung noch dadurch, dass Jo Nesbo sein nächstes Buch unter einem anderen Namen veröffentlichen wird. Zehnmal Harry Hole, zehnmal keine Enttäuschung. Skandithriller vom Feinsten. Immer eine Empfehlung wert.Und falls das wirklich der Abschluss gewesen sein sollte, dann ist er absolut gerlungen.

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