Samstag, 31. Mai 2014

Buchreview "Der Höllenbote" E. Lee

Edward Lee. Möchtest du manchmal jemand anders sein? Nun, jemand anderes ist dabei, du zu werden. Er wird in dein Herz und deinen Verstand eindringen, wird dich in Verzückung versetzen -  und dich auf ein Schlachtfest mitnehmen. So wie Gott seinen Boten hat, so hat auch der Teufel seinen. Und dieser Bote ist hier, jetzt, in deiner Stadt.

Der Paketsortierer Dodd bekommt ein merkwürdiges Paket in die Finger. Absender fehlt, Poststempel verschmiert, Adresse nur schlampig hingekritzelt. Irgendetwas drängt ihn dazu, die Sendung zu öffnen. Etwas später ist Dodd als Postbote in der Stadt unterwegs. Den eigentlichen Austräger hat er erdrosselt und jetzt macht er sich daran, in seinem Bezirk sämtliche Personen zu schlachten, die ihm vor die blutigen Klauen geraten. Nur der vierzehnjährige Jimmy überlebt. Zwanzig Jahre später ist in Danelleton, Florida, wieder Ruhe eingekehrt. Das ehemalige Postamt ist dichtgemacht worden, die Bluttaten gehören einer fernen Vergangenheit an. Doch Danelleton ist im Laufe der Jahre gewachsen und das neue Hauptpostamt kann den größeren Aufwand nicht mehr bewältigen und es wird eine Filiale in der Stadt eröffnet. Es ist ausgerechnet das Postamt, von dem aus Dodd damals seine blutige Spur legte. Jane, Witwe mit zwei Kindern (11 + 8), ist als Leiterin vorgesehen, als Stellvertreter der vierzigjährige, Seagal-Bauchträger Carlton. Und eben jener ist es, der zuerst eine unheimliche Präsenz spürt. Doch die Mitarbeiterin Marlene ist es, die plötzlich völlig unerwartet aus heiterem Himmel Kunden und Kollegen im Hauptpostamt, wo sie vor ihrer Versetzung in die Filiale arbeitete, niedermetzelt - zuvor hat sie zu Hause Mann und Kind zerstückelt. Dies ist der Beginn der mörderischsten Tage, die sich seit langer Zeit in Danelleton abgespielt haben. Jane und der Sheriff, für den sie mit der Zeit Sympathien zu entwickeln beginnt, mittendrin. Zuvor freundliche und friedfertige Menschen begehen scheinbar grundlos grauenhafteste Gemetzel und Bluttaten, immer wieder taucht ein geheimnisvolles Zeichen an den Tatorten auf. Und zudem erscheint ein Typ auf der Bildfläche, der mehr zu wissen behauptet. Es ist ein Professor Dhevic, der hauptsächlich durch seine Fernsehauftritte zum Thema des Übersinnlichen, der Geister und Dämonen bekannt wurde und den die meisten Leute inklusive des Sheriffs für einen Scharlatan halten.

Nicht lange ist es her, da hab ich mich gegenüber einem Leser zu der Aussage hinreißen lassen, dass ich dem Herrn Lee die Gefolgschaft aufkündigen werde, wenn er nicht bald wieder mit einem Buch daherkommen würde, das neben seinen Schlachtorgien auch eine Geschichte enthält. Als hätte der Verlag bzw. der Chef Frank Festa meine Worte auf unheimliche Art und Weise empfangen, kommt prompt ein Werk mit dem Titel "Der Höllenbote", in dem Edward Lee genau das bietet, was mir bei seinen Extrem-Ausflügen fehlte - eine Geschichte. Die Grundidee mit dem Postboten erinnerte etwas an Bentley Little ("Böse", nette Idee, schwach zu Ende geführt) und in den - zurückgenommenen - erotischen Eskapaden an Richard Laymon und seine Fantasien (Er hat aber bei seinem Stammverlag Heyne - Random House höchst selten wirklich deftigen Horror zelebriert bzw. zelebrieren dürfen.). Die genannten Mängel (subjektiv von mir empfundenen) der erwähnten Autoren ausgemerzt, eigenen Stil eingebracht, diverse Härten und blutig-brutale Szenen in die Handlung integriert, die aber im Vergleich zu "Bighead" oder "Das Schwein" - letzteres aus der Extrem-Reihe vom Festa-Verlag, die aufgrund ihrer Härte, Brutalität und der ausufernden und sehr expliziten Erotiksequenzen auch nur direkt vom deutschen Rechteinhaber bezogen werden kann -, denn doch halbwegs harmlos erscheinen. Aber nur im Vergleich mit diesen Büchern aus seiner Feder. Ansonsten traut sich vielleicht nur noch der -mkrug-Verlag mit John Aysa in derartige Sphären vorzustoßen. Doie Charaktere sind zwar durchaus mit einigen Klischees beladen, die Story mit wenig überraschenden Wendungen versehen, aber auch flott, zügig, einigermaßen spannend (Jane, Professor) dargeboten, ohne nur als aneinadergefügte Ekelszenen zu wirken. Hin und wieder blitzt der Humor auf, der auch seine Metzeleien in den Extrem-Büchern, die man wirklich nicht allzu ernst nehmen sollte, eher als Satire etikettieren, zu entschärfen weiß. Gradliniger Horrorschmöker mit religiösen, aber nicht zu stark aufgetragenen oder gar auf fundamentale Propaganda zurückgreifenden Tendenzen, wie es einige Entrückungsautoren gerne tun (Man frage Nicolas Cage, der demnächst in einer Verfilmung eines solchen Pamphlets auftreten wird.). Edward Lee wird nach diesem Buch also weiter mein "Höllenbote" bleiben, solange der "Horrorpapst" Frank Festa ihn veröffentlicht.

1 Kommentar:

Shane Schofield hat gesagt…

Das klingt doch mal wieder gut. Freue ich mich drauf.