Freitag, 13. Juni 2014

Buchreview "High Hunt" D. Eddings

David Eddings. Eine Gruppe von Freunden bricht zu einem Jagdausflug ins Hochland auf - Dan Alders, ein Ex-GI, der vor Kurzem aus Deutschland zurückgekehrt ist, sein älterer Bruder Jack, ein Verlierer, der von Job zu Job und von Ehe zu Ehe durchs Leben taumelt, McKlearey, ein ehemaliger Sergeant der Marines mit einem tödlichen Geheimnis, Cal, ein Schlitzohr, der Partys, Schnaps und Frauen finanziert, und schließlich der Pantoffelheld Stan. Ihre Vorlieben für Alkohol, Streit, Lügen und Frauen hat sie in ihrer Heimatstadt zusammengeschweißt. Aber nun, bei einem Jagdausflug hoch in den Bergen, geht alles in die Brüche. Es scheint, als ob die Gewehre eher auf Männer als auf Hirsche gerichtet würden. Man ahnt, dass es in der Wildnis zu einer Katastrophe kommt. niemand weiß, wer überleben wird. Aber der letzte Rest ihres Stolzes hält sie davon ab, aufzugeben und heimzukehren. Dan Alders hätte die Möglichkeit, sie zu retten. 

Dan Alders hatte sich nach der Schule ein Jahr treiben lassen und sich dann zur Armee gemeldet. Doch statt nach Vietnam in den Einsatz verschifft zu werden, kommt er nach Europa und lernt hauptsächlich deutsches Bier zu schätzen. Ohne je in einem Kampfeinsatz gewesen zu sein, kehrt er zurück in seine Heimat. Ohne wirklich großes Interesse besucht er seinen Bruder Jack. Wider Erwarten verstehen sich die Beiden und Dan bleibt. So nach und nach lernt er einige Kumpels von Jack kennen. Da ist Calvin Sloane, der in mehreren Geschäften Geld stecken hat, einen Gebrauchtwagenhandel besitzt und schlicht der reiche Mann mit bezaubernder Gattin ist. Er hat sogar etwas mit Jack gemeinsam: beide betrügen liebend gerne ihre Ehefrauen. Dann stößt auch noch Lou hinzu. Der ist ein ehemaliger Marine-Sergeant, irgendwie ständig besoffen und dauerhaft reizbar. Auch er ist in Sachen Alkohol und Frauen kein Kostverächter, aber er will ständig den großen Mann markieren, was speziell Dan nur widerwillig erduldet. Ein Freund von Cal namens Mike ist ein ruhiger Vertreter der Zunft und ist mehr daran interessiert, seiner kranken Ehefrau beizustehen, statt sich den alternden Rabauken anzuschließen. Nach einigen Treffen beschließt Dan, einen alten Schulkollegen zu besuchen. Stan erweist sich als eindeutig unter der Fuchtel seiner Frau Monica stehend. Ihr Befehlston lässt Dan Schlimmes befürchten. Doch Stan will unbedingt an der geplanten Jagd teilnehmen, auch gegen den Widerstand seiner Frau. Die lässt sich ohne Wissen von Stan sogar mit Lou ein, um den zu bewegen, Stan die Jagd auszureden. Pech. Nachdem Lou seinen Spaß gehabt hat, tut er gar nichts. Kurz bevor es losgeht, muss Mike absagen, weil es seiner Frau schlechter geht und so brechen die Fünf auf, um mit Clint und Miller, ihren Führern, in den Bergen zu jagen. Es dauert nicht lange und der Konkurrenzkampf lässt alte Feindseligkeiten aufbrechen. Als Dan dann auch noch einen weißen Hirsch entdeckt, entbrennt schon fast ein offener Streit. Und der eine oder andere Schuß schlägt näher bei einem der Jäger ein, als es der Fall sein sollte. 

Auch ob der Zeit in der der Roman spielt (Anfang der 70-er) ist "High Hunt" ganz in der Tradition des Männerfilms "Beim Sterben ist jeder der Erste". Die Hillbillies fehlen zwar und statt einen Fluß zu bereisen wird gejagt, doch ansonsten passt alles wie die Faust aufs Auge. Was zu Beginn noch aussieht, wie eine beginnende Freundschaft unter Männern, wenn auf rund 150 Seiten die unterschiedlichen Figuren vorgestellt werden, wird noch vor Aufbruch zu Rivalitäten. Schon da lässt sich erahnen, dass hinter den Fassaden etwas Anderes lauert und in einem kleinen Ort wie Tacoma bleiben solche Dinge auch nie lange verborgen. Suff, Ehebruch, Gewalt - die ganze Palette zeigt sich nach und nach immer mehr.  Dan, der Ex-Soldat, ist der Erzähler der Geschichte und scheint der Vernünftigste unter den Kumpels zu sein. Doch auch er kann nicht verhindern, dass Geheimnisse ans Tageslicht drängen, dass dramatische Reaktionen auf traumatisierende Erkenntnisse gewalttätige Reaktionen auslösen. Wer anhand des Verlages oder der Inhaltsangabe nun auf einen fantastischen Actionroman in der Wildnis des Bundesstaates Washington gehofft hatte, wird sich enttäuscht sehen. Wie auch im vorgenannten Film entwickeln sich die Menschen weiter. Und nicht immer zum Besseren. Eine Geschichte um Freundschaft, Familie, Zukunftsängste und Ressentiments. Und der Albino-Hirsch lässt wohl jeden sofort an "Moby Dick" denken, wenn einige der Jagdteilnehmer wie verrückt auf diese Trophäe sind. Und oft genug sind die Burschen nahe dran, ein Duell wie in alter Westernmanier auszufechten. Immer geht es darum, wer der Bessere ist, wer die Befehle gibt. Neben der Spannung, ob und wann etwas passiert und natürlich, wer den Berg lebend verlässt, ist "High Hunt" eine Charakterstudie über das Leben, Familie und Liebe, eine Erkundung der manschlichen Psyche. Ja sogar des Erwachsenwerdens, der Pflichterfüllung, des gesitteten Zusammenlebens und echter Liebe. So mancher der Protagonisten muss seinen Platz in der Gesellschaft noch finden - falls er es überhaupt schafft. Aber jeder, der zurückkommt, hat einen Reifeprozess durchgemacht. Keiner ist mehr der, als den ihn die anderen zuvor in ihrem Selbstverständnis definiert haben. Ob es ihrer Freundschaft dient, bleibt abzuwarten.

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