Mittwoch, 10. Dezember 2014

Buchreview "Kopfjäger" T. Curran

Tim Curran. Vietnam 1970. Eine grüne Hölle, wo der Tod hinter jedem Baum, in jedem Schatten und in jedem Nebel lauert, Sprengfallen und Munition, Landminen und Raketen. Mike McKinney ging dorthin, um über den Krieg zu schreiben, über den Terror und die Frustration, über Soldaten und Menschen und eine Landschaft, die durch den Krieg für immer verändert wurde. Doch dann begegnet ihm noch etwas Anderes: ein urzeitlicher Horror, entsprungen dem dunkelsten vietnamesischen Aberglauben. Eine groteske Abscheulichkeit, die durch den Dschungel und über die Hochebenen schleicht, auf der Suche nach menschlichen Köpfen. Nun ist es auf der Jagd nach ihm. Und nichts kann es stoppen.

Mike "Mac" McKinnes ist aus eigenem Antrieb im Kriegsgebiet Vietnam. Im Gegensatz zu vielen seiner blut- und sensationsgeilen Kollegen, die erst aus ihren sicheren Löchern kriechen, um die Gefallenen zu fotografieren, wenn es wieder sicher ist für ihre miesen, kleinen Leben, unternimmt er mit den Truppen Vorstöße in feindliches Gebiet, kämpft mit der Waffe in der Hand an ihrer Seite und hat somit ihren Respekt gewonnen. Nachdem das Platoon, das er begleitet hat, ein Dorf niederbrannte und einige überlebende Vietnamesen verhört, ruft ihm eine alte Frau etwas in ihrer Sprache zu. Der Lieutenant der Gruppe versteht Vietnamesisch und übersetzt das Gesagte als "Kopfjäger - er wird dich holen". So erfährt er erstmalig etwas über diese Legende. Nun ist er fast schon besessen davon, noch mehr herauszufinden, muss aber immer nur mit Geschichten von Soldaten und Einheimsichen vorlieb nehmen, findet aber keine Beweise. Zudem muss er auch noch seinen Job machen. Und der ist haarig. In einem brutalen Verteidigungsgemetzel um einen sinnlosen Hügel irgendwo im Nirgendwo wollen Tausende Vietcong die Amerikaner von diesem strategisch angeblich wichtigen Platz verteiben. Bald stapeln sich die Leichen, die Verluste sind auf beiden Seiten hoch, aber erst die Unterstützung durch die ferne Artillerie und als die Cobras angeflogen kommen und ihre Raketen in das Gewimmel der Feinde ballern, gibt der Gegner auf und lässt massenweise verstümmelte Leichen zurück. Und auch hier vernimmt Mac bald, dass eine über zwei Meter große Gestalt sich Leichen von diesem Friedhof geholt haben soll und sie tief in den Dschungel schleppte. Auch in Saigon gibt Mac keine Ruhe. Erst kann er einen vietnamesischen Offizier befragen und später noch einen Jungen, der ihm alles besorgen kann, was er so zum Leben braucht - ein kleiner Schmuggler mit Ambitionen, nach Amerika zu kommen. Und bald wird dieser Junge vom Kopfjäger verfolgt und getötet. Jetzt ist es an Mac, sich der Gefahr zu stellen. Er fliegt mit einem Spezialkommando, das hinter den Linien für Unruhe sorgen soll, eine abgelegene Dschungellandschaft und muss erleben, dass sie alle von dieser Bestie abgeschlachtet werden - und dass diese jetzt nur hinter ihm her ist.

Das Buch weckt einige Erinnerungen an die vielen Vietnamfilme seit "Apocalypse now", die Hitze, die Dunkelheit, die Angst, die Fallen und die Brutalität der Amerikaner, die ihnen natürlich gleichermaßen vergolten wird. Während Mike sich seine Menschlichkeit wenigstens noch in einem gewissen Maße bewahrt hat, sind viele der Soldaten eh nur hier, weil sie sonst in der Heimat im Bau gelandet wären. Typen, die hier ihre Lust am Töten so richtig zelebrieren können und wer noch nicht verroht angekommen ist, hat große Chancen, zumindest derart verändert zurückzukehren. Curran erzählt von den Verstümmelungen, den hinterhältigen Überfällen auf Dörfer voller Bauern, die mit dem Krieg nichts zutun haben wollen, aber auch brutalen Gefechten um unwichtiges Gebiet in einem dreckigen Krieg, wobei die Verteidigung der Stellung auf dem Hügel mich wieder mal auf den Film "Firebase" brachte oder "Hamburger Hill" ohne das "friendly fire" - und auf das Buch "Dämon" von Matthew Delaney, wo Vietnam und eine monströse Figur zu Anfang auch eine große Rolle spielen. Müsste ich mal wieder sichten. Und dies toppt derAutor dann noch mit seinem Horrorspuk. Lange Zeit ist der "Kopfjäger" nur eine Legende, Aberglaube und tritt nicht in Erscheinung. Mit dieser Erzählweise hat Tim Curran schon bei seinem "Der Leichenkönig" gearbeitet, nur dass er hier bis zum Auftauchen des Monsters die Zeit mit viel Action aus dem Kriegsgebiet überbrückt, sodass Tempo und Rasanz eigentlich ebenso ständig gewährleistet sind wie die Spannung, was dieser "Kopfjäger" denn nun ist: Mythos oder real? Gute Lektüre, die in ihrer Kürze vorzüglich unterhält, keine Längen oder Hemmnisse für den Lesefluss aufweist und mich das Buch ohne Einschränklung empfehlen lässt. Ist als Doppelband zusammen mit "Leviathan" erschienen. Zu dem dann demnächst einige Worte. Noch etwas zum Cover. Selbst wenn ich den Autor noch nicht gekannt hätte, wäre ich durch die Coverbilder und die Umschlaggestaltung auf das Buch aufmerksam geworden. Hier also ein lobendes Wort Richtung Michael Schubert, der wohl nicht zum ersten Mal den vom Verlag gewünschten Effekt hervorgebracht hat.

3 Kommentare:

Michael hat gesagt…

Bei der Werbung für mich hier werde ich ja doch noch berühmt. Irgendwann. Ich danke vielmals!

Harry hat gesagt…

Nur zu. Bedeutet dann weitere schöne Cover.
Es ist aber eine Tatsache, dass ich auf gelungene Cover, die dann etwas versprechen, das meine Genrevorlieben bedient, mit Neugierde reagiere. Andererseits kann mich ein Cover, das mir so gar nicht zusagt, auch davon abhalten, mich näher mit dem Buch oder Film zu beschäftigen.

Gruß
Harry

Michael hat gesagt…

Na, da kann ich nur sagen ... so ist es gedacht. Der Genre-Liebhaber soll sich zuhause fühlen. Mogelpackungen hat es genug. Jedenfalls freue ich mich dann jetzt um so mehr auf den Stapel Aufträge für's nächste Jahr.