Freitag, 23. Januar 2015

Buchreview "Blutträume" F. Thilliez

Franck Thilliez. In seinen Alpträumen sieht sich Stéphane Kismet mit blutigen Händen, von der Polizei gejagt. Und beim Aufwachen glaubt er, dass er seine eigene Zukunft gesehen hat. Gemeinsam mit dem Polizisten Victor Marchal, der in einem bestialischen Frauenmord ermittelt, entdeckt Stéphane: Die Wirklichkeit entspricht tatsächlich seinen Visionen. Ist er ein Mörder, ohne es zu ahnen Und wer kann verhindern, dass weitere Morde geschehen?

Stephane Kismet träumt schon lange - wie jeder Mensch. Normalerweise kann er sich an seine Träume nicht erinnern. Doch seit kurzer Zeit weiß er genau, von was er geträumt hat. Es erscheint ihm, als habe er Visionen. Schreckliche Visionen von echten Morden. Morde, die in der Zukunft geschehen. Aus der Provinz wird ein junger Polizist nach Paris versetzt, um dort als Frischling für die Mordkommission zu arbeiten. Selbstverfreilich wird er direkt von seinen neuen Kollegen ordentlich auf den Arm genommen, bekommt einen Spitznamen verpasst (Chip) und dass er möglicherweise mit Beziehungen (Vater ist ebenfalls bei der Polizei, nur schon in führender Position) so schnell so weit kam, tut ihm auch keinen Gefallen. Als er auf seinen ersten Fall angesetzt wird, ahnt er noch nicht, wie sehr der ihn berühren wird. Mit seinem Kollegen Wang, der trotz einiger Anmerkungen eher der schweigsame Typ ist, fährt er vor Ort und muss erkennen, dass ihm hier ein äußerst brutaler Killer Arbeit gemacht hat. Anscheinend liebt der Mörder es, seine Opfer zu quälen. Nach einem zweiten Mord ermitteln sie in derselben Umgebung und stellen dabei fest, dass das Ganze mit Missgeburten, Freaks oder einfach nur Amputierten zu tun hat. In der Zwischenzeit versucht Stephane hinter das Geheimnis seiner Gabe zu kommen und gleichzeitig die von ihm geträumten oder auch vorhergesehenen Morde zu verhindern. Bei dieser Gelegenheit kreuzen sich seine Wege mit denen des jungen Kommissars Vic, der ihm seine Geschichte nicht glaubt. Dennoch führt das Schicksal beide in ein anatomisches Museum, wo Figuren missgebildeter Menschen ausgestellt werden. Sie wissen jetzt zumindest, wonach sie zu suchen haben. Doch wen und vor allem in welcher Zeit, das ahnen sie nicht.

Franck Thilliez begibt sich mit "Blutträume" in die Spuren eines Jean-Christophe Grange oder eines Bernard Minier. Er verbindet einen gewisse Härte mit einer verstörenden Story, die man mit Spannung und einer gewissen Begeisterung allein schon ob des von den üblichen Allerweltstthrillern abweichenden Themas konsumiert. Der Autor operiert mit verschiedenen Zeitebenen, lässt den Leser lange im Dunkeln und selbst rätseln, was die Motivation hinter den Morden ist und was diverse Traumdeutungen überhaupt zu der Geschichte beitragen. Seine Figuren sind zumeist hervorragend konzipiert, auch wenn der Asiate Wang und auch Celine (Frau des Kommissars) schon eher Klischees bedienen. Vic und Stephane, die beiden Hauptfiguren und Kontrahenten (?), sind aber vorzüglich ausgearbeitet. Die Angst, der Schrecken, das Gefühl des Neuen in der Truppe - alles gelungen. Dazu einige etwas unappetitlichere und auch härtere Sequenzen für die Leser, die sich auf die Werke der Großverlage konzentrieren und noch kein Auge auf Verlage wie mkrug, FESTA oder Luzifer geworfen haben (Gegen die ist die Gewalt in "Blutträume" wie ein eingerissener Fingernagel auf einer Notfallstation nach einem Flugzeugabsturz.). Flüssig zu lesende, aber ob der vielen Perspektivwechsel und Zeitsprünge Konzentration fordernde Lektüre, die spannend und recht zügig daherkommt und am Ende noch mit einem kleinen Kniff aufzuwarten hat. Fantastisch bisweilen faszinierend wirkt der Thriller auch nach der Lektüre noch nach, auch weil er so manches Element recht düster und beängstigend zelebriert, dabei aber auch ein gewisses Mitgefühl für Menschen mit Behinderungen, Missbildungen oder Verunstaltungen durch Unfälle zeigt, wenn nicht gar fordert, da er es sehr gut und einfühlsam formuliert, wie Menschen sich fühlen müssen, wenn sie von der sich für normal haltenden Masse ständig begaffen lassen müssen - ob nun beim Einkauf oder auch nur einem Spaziergang. Immer sind Unversehrte da, die sich staunend auf die körperlichen Defizite des Unfallopfers oder den Makel eines Geburtsfehlers konzentrieren, statt diese Leute als so normal zu betrachten, wie sie es für sich selbst reklamieren. Gute Lektüre, die für Leser der genannten Autoren durchaus ein Tipp sind.

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