Donnerstag, 21. April 2016

Buchreview "Scare me" R. J. Parker

Richard Jay Parker. Wann hast du dich das letzte Mal selbst gegoogelt? Der erfolgreiche Geschäftsmann Will Frost wird mitten in der Nacht von einem anonymen Anrufer geweckt, der ihm genau diese Frage stellt. Als Will online geht, stößt er unter seinem Namen auf eine Website mit den Silhouetten von sieben Häusern. Im ersten Haus hat sich gerade ein bestialischer Mord ereignet ... und im letzten wohnt er selbst. Will wird von dem Unbekannten im Rahmen einer makabren Schnitzeljagd von Tatort zu Tatort gehetzt - bis sich die Frage stellt, wer ist eigentlich das Opfer, und wer der Täter.
Ein erschreckender Blick auf die moderne Welt. Das Internet als Instrument des Bösen. 

Brett hat via Live-Chat einen Blick auf Poppy geworfen. Er erwartet, dass sie ihm bald mehr zeigt. Tut sie auch. Seine tote Familie - und dann ist er fällig. Andernorts in England ist der Manager Will Frost auf dem Heimflug in einem Heli, um dem Verkehr um die Hauptstadt herum zu entgehen und schneller bei seiner Frau Carla zu sein. Heute ist nämlich ihre letzter "freier" Abend, bevor ihre schwangere Tochter Libby mit Freund Luke aus Thailand zurückkommt. Mitten in der Nacht wird er von einem Anruf geweckt, der ihn an den PC schickt, um eine Mail zu öffnen. Dort findet er Bilder eines Hauses vor, dann weitere, die Luke und Libby gefesselt irgendwo gefangen zeigen. Er vermutet zuerst, dass hinter dieser kaum verhohlenen Drohung die Firma Motex steckt, gegen die gerade seine Gattin vorgeht, um zu verhindern, dass die Firma das Gelände einer Schule übernimmt, um dort eine Fabrikhalle zu bauen. Doch die Vermutung währt nicht lange, da er bald darauf Anweisungen erhält, seinen Laptop zu nehmen und nach Florida zu fliegen. In den USA findet er in einem Haus mehrere Leichen vor und soll einer etwas entnehmen. Und schon geht es weiter zur nächsten Station. Und während Frost durch die Gegend gehetzt wird, muss seine Frau zu Hause die Stellung halten und vermeiden, dass jemand mitbekommt, wo ihr Mann wirklich steckt und warum. In Thailand unterdessen hört der junge Tam Schreie aus den Räumen einer Geflügelschlachterei und macht sich bald danach auf Entdeckungstour. Nicht ungefährlich für einen kleinen Jungen. Und Poppy, die Brett und seine Familie ausgelöscht hat, ist ebenfalls schwer aktiv.

"Scare me" von Richard Jay Parker ist ein wahrer Page Turner und würde es den Begriff Nailbiter nicht schon geben, müsste er für das Buch erfunden werden. Parker hat den Leser schon nach sehr kurzer Zeit am Haken und lässt ihn bis zum Schluss, der sogar weiteren Raum für Spekulationen gibt, nicht mehr los. Es war ein Leichtes lesetechnisch durch das Buch zu rauschen wie dereinst der ICE durch Wolfsburg - ohne Halt. Wunderbar wird der Leser im Unklaren gelassen, was überhaupt hinter der ganzen Aktion steckt, wer diese blutrünstige Schnitzeljagd aus welchem Grund inszeniert. Anhand der Aktivitäten der Opfer ist alles möglich. Eine politische Verschwörung, wirtschaftliche Zusammenhänge, Aktionen skrupelloser Konzerne, verprellte Freunde oder einfach nur Konkurrenten - nichts gibt einen konkreten Hinweis auf die Hintergründe. Und der Schreibstil ist flott, generiert ein unglaubliches Tempo und hat absolut keinen Leerlauf. Verdachtsmomente aller Orten, die Morde blutig, aber nicht zu abscheulich geschildert, dennoch grauslig wie der ausgehöhlte Schädel (da hätte(n) der oder die Mörder bei mir wenig Arbeit gehabt), wo dann statt des Gehirns nur eine Nachricht für Frost liegt und mit verschiedenen Locations weltweit auch abwechslungsreich, zudem dann ja weitere ungewollte Mitspieler ins Rennen gehen. Drohungen und Betrug machen die Runde, Verdächtigungen und falsche Theorien geben sich Klinke sozusagen in die Hand. Die Seiten blättern sich unter diesen Voraussetzungen fast schon von selbst um, immer neugierig, was denn nun als neueste Schandtat kommt oder ob Frost sich endlich seiner Tochter und deren Verlobten entscheidend annähern kann. Nicht verwunderlich war ob des Stils und des Tempos auch, dass sich der Autor bei Simon Kernick für dessen Unterstützung bedankt. Dieses Buch hätte auch aus dessen Feder/Tastatur kommen können. Kleinere Mängel - sehr, sehr kleine - sind für mich, dass es einige Bücher gibt, in denen das Internet eine viel zentralere Rolle spielt und viel mehr ein Instrument des Bösen ist. Hier sei als Beispiel Charles den Tex mit "Die Zelle" genannt, ein hervorragender Thriller um Idenittätsdiebstahl. Und der andere Makel ist halt, dass es mir irgendwie gegen den Strich geht, dass sehr, sehr oft die Protagonisten eine ach so schwere Kindheit hinter sich haben und alle Probleme so ungemein tapfer lösen konnten. Soll vielleicht ein gewisses Mitgefühl für sie wecken, reicht bei mir aber eher zum Gegenteil. Wohl weil es so oft genutzt wird. Genug davon. "Scare me" ist keiner meiner geliebten Actionreißer mit endlosem Geballer und unkaputtbaren Helden sowie hirnloser Ballergestalten (okay, eine Figur ist dann trotzdem hirnlos) und dennoch für 9/10 gut, verbunden mit einer klaren Kaufempfehlung. Wer sich von einem hochspannenden Crime-Titel mitreißen lassen und um den Schlaf bringen lassen will, der sollte sich dieses Buch wahrhaftig zulegen. Klare Kaufempfehlung.

2 Kommentare:

Shane Schofield hat gesagt…

Wow. Klingt gut!

Anonym hat gesagt…

Liegt daher auch schon im neuen Packerl.

Gruß
Harry