Montag, 30. Mai 2016

Buchreview "Firstborn - Der Gejagte" F. Alexanderson

Filip Alexanderson. Jonas hat es nicht leicht: Er muss sich um seine kranke Mutter kümmern und nebenbei sein Jurastudium durch harte Arbeit auf Stockholms Baustellen verdienen. Dabei leidet er immer wieder unter heftigen Migräneanfällen. Während einer solchen Attacke hat er eines Tages einen schrecklichen Unfall, den er wie durch ein Wunder überlebt. Bei der schnell eingeleiteten Operation entfernen die Ärzte eine merkwürdige Kapsel in Jonas’ Kopf – und von dem Moment an ist seine Welt nicht mehr die, die sie war. Es gehen seltsame Dinge vor sich, und während Jonas verzweifelt nach Antworten sucht, wird er plötzlich selbst zum Gejagten.

Eldh findet einen Obdachlosen leblos an seinem angestammten Schlafplatz. Er scheint mit Strom misshandelt worden zu sein. Sie weiß, dass der Täter noch in der Nähe ist und sucht ihn. Und siehe da: Er ist auf dem Weg in die U-Bahnstation. Doch er merkt, dass ihm jemand folgt und kann die nicht mehr sehr agile Eldh abhängen. Und die gerät kurz darauf wieder ins Zentrum eines Mordes. Diesmal an einem Kind. Sie wird bei den Eltern als Mitarbeiterin des Sozialamtes vorstellig und startet vorsichtig eine Art Verhör, um mehr über das tote Kind zu erfahren. Leider vergebens. Ihr nächster Weg führt sie ins Leichenschauhaus, wo sie sich als Polizistin ausgibt, um zur Leiche des Kindes vorgelassen zu werden. Das gelingt ihr auch. Unterdessen ist Jonas mit sich selbst und seinem Leben völlig ausgelastet. Er muss sich um seine kranke Mutter kümmern, die in sich selbst ruht, nicht mehr redet, nicht aus dem Haus geht und kaum fähig ist, für sich zu sorgen. Um dies alles finanziell überstehen zu können, geht Jonas neben seinem Jurastudium auch auf dem Bau arbeiten. Oft genug auch schwarz, damit er die Steuer vermeiden kann. Bei einem seiner Einsätze auf dem Bau wird er, nachdem er einigen polnischen Kollegen zuvor noch bei deren bürokratischen Formularen geholfen hatte, plötzlich von einem schweren Migräneanfall gepeinigt und gerät in den Weg eines Stahlträgers, der von einem Kran umgeschwenkt wird. Der trifft ihn schwer am Hinterkopf und die Arbeiter denken, dass Jonas tot sei. Doch der junge Mann lebt. Sofort ruft man eine Ambulanz, die ihn in ein Krankenhaus fährt. Dort kommt er auf den Op-Tisch und man entfernt aus dem nahezu zerschmetterten Hinterkopf eine seltsame Kapsel. Noch während die Ärzte und Schwestern rätseln, warum Jonas überhaupt noch lebt und was die Kapsel zu bedeuten hat, springt der auf, greift sich die Kapsel und flüchtet aus dem Krankenhaus. Hilfe kann er nur bei seiner Ex-Freundin Rebecka finden. Mit ihr zusammen geht er zu einem Professor Schröder, der mehr über den Zustand von Jonas und das Geheimnis der Kapsel zu wissen scheint. Doch irgendjemand ist den Beiden auf den Fersen. Noch während sie mit dem Professor sprechen, werden sie überfallen.

Auf der Vorderseite des Umschlags wird das Buch als Thriller deklariert. Doch es dauert nur rund 50 Seiten, bis der Leser ohne Schwierigkeiten feststellen kann, dass er hier nicht zu einem simplen Thriller mit etwas Action und Krimihandlung gegriffen hat, sondern sich Mystery mit einigen phantastischen Elementen ziemlich breit macht, die ich anhand der Inhaltsangabe nicht so wirklich auf der Rechnung hatte. Erwartet oder erhofft hatte ich mir eher einen feinen Kracher im Bourne-Stil. DAS hatte sich bald erledigt, ABER Filip Alexanderson rückt auch nicht so schnell mit Ansätzen zu einer Lösung heraus. Das hält natürlich die Spannung hoch und nötig den Leser praktisch, nicht von der Lektüre zu lassen, wenn er endlich die Hintergründe und Zusammenhänge erfahren will. Da auch das Tempo ganz okay ist, nimmt die durch die unterschiedlichen Handlungsstränge hin und wieder auftretende, leichte Verwirrung in Kauf, auch wenn es sehr lange dauert, ein gewisses Konzept hinter den Geschehnissen zu entdecken. Denn schon bald geht es um Experimente (Okay, war zu erwarten), Energiestöße, Parallelgesellschaften und auftretende Energiebündel, Kinder und Schutzbefohlene, wilde Hetzjagden durch Schweden, Schießereien und Explosionen. Und kaum glaubt man, die ersten Ideen zu einer auflösung des Ganzen zu haben, tauchen neue Geheimisse auf, haben plötzlich Menschen ungeahnte Superkräfte, für die sie auch eine ganz spezielle Nahrungsaufnahme benötigen, die schon recht seltsam anmutet. "Firstborn - Der Gejagte" entwickelt sich vom angekündigten Thriller schnell zu einem Genrebastard, der eine seit Ewigkeiten hinter den Kulissen der Öffentlichkeit aktive Verschwörung aufdeckt und mit ungeahnten Kräften und Action nicht geizt. Man muss aber die nötige Geduld und Aufmerksamkeit mitbringen, sonst wird die Lektüre möglicherweise eher zur Tortur. Ist man aber erst einmal bei der Sache und hat die ersten "Verwirrungen" mit dem einen oder anderen Hinweis hinter sich gebracht, entwickelt sich das Buch von Filip Alexanderson zu einem temporeichen Mystery-Thriller mit Tendenz zur Entlarvung politischer Eliten als Hintermänner ein einem fiesen Spiel mit den Menschen, die sie ahnungslos durch die Wahl in ihre Positionen gehieft haben. Und an Kritik am Staat selbst spart der Autor auch nicht. So etwas kann in Schweden doch gar nicht passieren!!! Diesen Satz kann man wohl auf jede Nation übertragen, in der gutgläubige Wähler von den agierenden Parteien (Die sich auch noch heuchlerisch "Volksparteien" nennen.) ständig und mit Wonne übers Ohr gehauen werden. "Firstborn - Der Gejagte" ist ein gutes Buch, ein sehr unterhaltsames, das mit ziemlicher Sicherheit noch eine Fortsetzung erfahren wird. Und ich werde es kaufen, das ist mal sicher.

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