Samstag, 22. Oktober 2016

Buchreview "Wolfs hour - 1. Die Verwandlung, 2. Berserker" R. McCammon





Robert McCammon. "Die Verwandlung". 1944. D-Day steht kurz bevor. Für Nazideutschland wird die Luft immer dünner. Doch Hitlers Wissenschaftler arbeiten an einer geheimen Wunderwaffe, die die Invasion mit einem Schlag beenden könnte. Die letzte Hoffnung der Alliierten liegt auf den Schultern eines Mannes: Michael Gallatin. Er ist ein Meisterspion a la James Bond - und ein Werwolf! "Berserker". Im Auftrag des britischen Geheimdiensts kämpft sich Michael Gallatin, Meisterspion und Werwolf, vom besetzten Frankreich bis nach Berlin durch. Er soll herausfinden, was sich hinter "Iron Fist" verbirgt, der angeblichen Wunderwaffe der Nazis. Auf seinem Weg begegnet Michael einigen skurrilen Gestalten, etwa dem grausamen Nazioffizier Jerek von Blok mit seinem hünenhaften Schützling Treter, der seine Opfer am liebsten zu Tode trampelt oder dem sadistischen Großwildjäger Harry Sandler, der stets von seinem aggressiven Falken Blondi begleitet wird. Es sind nur noch wenige Stunden bis zum D-Day, als Michael in die Hände von Dr. Hildebrandt fällt, einem wahnsinnigen Wissenschaftler, der Giftgasexperimente an Kriegsgefangenen durchführt. 

Michael Gallatin ist russischer Herkunft, musste das Land aber verlassen, als seine Eltern getötet wurden. Er selbst wurde von einem Rudel aufgenommen, das sich als Werwölfe herausstellte. Nicht jeder war damit einverstanden, doch der Anführer setzte sich durch und nach anfänglichen Problemen konnte Michael ihm beweisen, dass er das Vertrauen wert war. Doch auch auf seine neue Familie wurde die Jagd eröffnet und nach einigen bitteren Erfahrungen entschied er sich, dass Russland nicht mehr seine Heimat sein solle und schlug sich nach England durch. Irgendwann erkannte jemand seine Identität als Werwolf und ihren militärischen Nutzen. So kam es dann, dass Michael 1941 in Nordafrika wertvolle Dienste leisten konnte, um Rommel und seine Truppen entscheidend aufzuhalten. In Kairo aber wird dann seine Geliebte von einem Attentäter getötet und er zieht sich zurück, will nichts mehr mit den Menschen zu tun haben. Doch der Krieg lässt ihn nicht los. Er wird nahezu bekniet, wieder in den Dienst zurückzukehren. Und bald hat man ihn auch davon überzeugt. Nun muss er nach Frankreich und dort verhindern, dass die Nazis etwas über die geplante Invasion erfahren. Zu seiner wertvollen Hilfe wird der deutsche Deserteur Maus, der ihn bei seinen Bemühungen unterstützt und dafür nur nach Berlin mitgenommen werden will, um seine Familie rauszuholen, bevor die Russen kommen. Doch so einfach ist das nicht. Verrat macht die Runde, der Mörder seiner Geliebten Margritta kommt ins Spiel und diverse deutsche Offiziere und ihre Handlanger unterschiedlicher Nationen machen Jagd auf ihn. Und als er den verwegenen Plan der Nazis unter Hitler entlarvt, ist es schon kurz vor Zwölf. Wenig Zeit, um einen weiteren perfiden Massenmord zu verhindern.

Die Vorgeschichte des Werwolfs Michael wird in Rückblenden, die in die Kapitel eingestreut sind, erzählt. Von menschlichen Bestien, die seine Familie töteten zu einer tierischen Familie, die ihn aufzog. Seine Flucht, seine Wut, sein Kampf gegen das Böse werden ebenso thematisiert wie eine weitere menschliche Unsitte: Jegliche neue Entdeckung auf ihre Tauglichkeit fürs Militär zu prüfen und gegebenenfalls auch unter Nutzung von Druck oder patriotischem Geschwafel einzusetzen. So wird aus einem Mensch/Tier eine Waffe, die zwar eigenständig handeln kann, aber dennoch missbraucht wird. Der Kniff von McCammon ist, dass er aus einem der zigfach vorhandenen Kämpfer für das Gute einen übernatürlichen Soldaten macht. Einen Werwolf. Nicht gerade ein in Massen vorhandener Handlungsfaden in der Literatur (Erinnert mich an viel später erschienene Romane von Christopher Farnsworth wie "Blutiger Schwur", in denen der einen Vampir als Troubleshooter des Präsidenten etablierte. America First mit Vampir gab es auch eher selten bisher.) und somit allein schon deswegen interessant. Trotz einiger philosophischer Einsprenkelungen, die hie und da die Gedanken in eine mehr ernsthafte Richtung denn reine Unterhaltung schweifen lassen, ist das vom Verlag zweigeteilte Buch (Kritikern dieser Maßnahme sag ich nur, dass ihr die Verträge nicht kennt und somit wohl auch kaum beurteilen könnt, mit welchen finanziellen Anstrengungen der Verlag den Autor für deutsche Ausgaben seiner Werke gewinnen konnte. Und die müssen eben refinanziert werden.) ein flott zu lesende Lektüre, die nicht durch ausschweifende und eher unnütze Beschreibungen für die Handlung unnötiger Randerscheinungen ausgebremst wird. Der Horroranteil wird durch einige ziemlich blutige Vorkommnisse hervorgehoben, doch da bleibt auch der Gedanke, was sich Menschen alles gegenseitig antun können. Gas, Verbrennungsanlagen, Experimente am lebenden Objekt, Folter um Schmerzgrenzen auszutesten und und und. Da es sich um einen Roman handelt, der im Zweiten Weltkrieg spielt und schon 1989 verfasst wurde, sollte man sich über das Bild der Deutschen nicht wundern. Alle sind sie böse und verachtenswert. Selbst Helfer werden mit Charakterschwächen gezeichnet, die sich kein stolzer Alliierter erlauben würde. Demgegenüber stehen aber einige fantastische Momente voller Action, die man zum Beispiel in der "Zugjagd" goutieren kann. Spannung garantieren abwechlsungsreiche Wendungen - obwohl klar ist, dass diese fiesen deutschen Drecksäcke selbstverständlich keinen sieg davontragen werden - und nahezu dauerhaft fesselnde Abenteuer des Werwolf-Spions hinter den feindlichen Linien. Nur unterstützt von einer Frau, einem desertierten Deutschen und einem russischen Piloten. In der Riege der Horrorautoren ist Robert McCammon schon fast eine Marke für sich und ganz weit oben im Ranking anzusiedeln. Da darf der Verlag gerne mehr bringen. Seit den Veröffentlichungen im Knaur-Verlag war es ja hierzulande ruhig um den Autor geworden. Der Festa-Verlag hat das geändert.

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