Freitag, 11. August 2017

Buchreview "Deadlands - Ghostwalkerws" J. Maberry

Jonathan Maberry. Willkommen in den Deadlands, wo verbitterte Revolverhelden auf verrückte Wissenschaftler und finstere, unirdische Gestalten treffen. Hier, wo das große Beben von 1868 Kalifornien in ein Labyrinth aus vom Meer durchfluteten Höhlen verwandelt hat, wo mit einer geheimnisvollen Substanz namens "Geisterstein" viele wundersame Steampunk-Erfindungen angetrieben werden und wo die Kugeln blutvergießend durch die Luft pfeifen. In Ghostwalkers wird der Auftragskiller Grey Torrance wortwörtlich von seiner blutigen Vergangenheit verfolgt und landet in der heruntergekommenen Stadt Paradise Falls, wo er in den tödlichen Konflikt zwischen der belagerten Stadt und einem teuflisch brillanten Alchimisten gerät, der fortwährend schreckliche, neue Waffen baut - und eine kleine Armee aus Untoten.

Grey Torrance ist im kargen Gebiet der Wüste unterwegs, als er sieht, wie ein Sioux-Indianer vor sechs Schärgen auf einen hohen Felsen flüchtet. Irgendwie interessiert ihn diese Auseinandersetzung und er sucht sich einen erträglichen Platz, um die Jagd wie in einem Kino zu genießen. Eine Chance hat der Indianer nicht, glaubt er. Während er beobachtet, wie sich die Jäger trennen, um ihr Wild zu erhaschen, entschließt er sich zum Eingreifen und dem Unterlegenen zu helfen. Er erledigt welche von den Verfolgern und muss dann erkennen, dass dies gar nicht nötig gewesen wäre. Ein seltsamer blauer Blitz blendet ihn und lässt gleichzeitig der großen Felsen in sich zusammenkrachen, wobei einige der vermeintlichen Killer darunter begraben werden. So lernt er Thomas-schaut-weg aka Schautzi kennen. Der ist ein waschechter Sioux-Indianer, der nach England ging und waschechtes Brit-Englisch von sich gibt und dabei auch einige Bonmots absondert, die Torrance am Verstand des Mannes zweifeln lassen. Doch es dauert nicht lange, bis er auch an seinem eigenen zweifelt. Da kommen doch tatsächlich die toten Verfolger auf sie zu gestolpert. Mehrere Schüsse in die Körper der Typen bringen gar keine Wirkung, doch dann erzielt er einen Kopftreffer und der haut den Kerl für immer weg. Danach tun sich die beiden Helden endgültig zusammen und reiten nach Paradise Falls. Und dort beginnt ihr Abenteuer gegen einen verrückten Wissenschaftler und seine wilden Horden erst richtig. 

Das Buch nach einem Rollenspiel ist ein wilder Ritt durch einen Wilden Westen wie man ihn bisher nicht kannte. Die Handlung spielt in einem Zeitrahmen nach 1868 und vor der Wende zum Zwanzigsten Jahrhundert. Vom Humor über Zombies bis zu harter Action gegen Saurier ist alles vorhanden. Dazu der Geisterstein, dem neuartige und unglaubliche Erfindungen und Waffen zu verdanken sind. Für mich hat sich "Schautzi" als der heimliche Held der Geschichte entpuppt. Ein lockeres Mundwerk, dem etliche Späße (Naja, der über Smith, Wesson and me war aus "Dirty Harry kehrt zurück") entspringen und das einige Kabbeleien mit Torrance zur Folge hat, der aber auch über ein ungemein hohes Wissen verfügt und seinem weißen Partner ein ums andere Mal mit Rat und Tat zur Seite springt. Ab und an musste ich an die Figur des Karl May in der "Winnetou"-Neuinterpretation eines deutschen Privatsenders denken - nur nicht so verkorkst. Je länger die Lektüre weilt, je mehr Seiten man liest, umso mehr trägt der Autor an Ideen zusammen, die in einem "normalen" Western sehr befremdlich wirken würden. Flugmaschinen, übermächtige Waffen mit Blitzen, die in einem blenden Blau strahlen und als Massenvernichtungswaffen deklariert werden können. Einen durchgeknallten Wissenschaftler mit Weltherrschaftsphantasien, der Unterstützung durch zombiefizierte Soldaten hat, die bei vielen Schlachten gefallen sind. So hat er welche von beiden Seiten des vergangenen Bürgerkriegs in seinen Reihen. Jonathan Maberry war wirklich kreativ in der Gestaltung seiner Version der Welt der "Deadlands" mit ihren urzeitlichen Monstern, riesigen Killerwürmern ("Tremors" sei zur bildlichen Vorstellung genannt), unterirdischen Welten mit Flugsauriern oder riesigen Pilzen ("Reise zum Mittelpunkt der Erde" mit einer Prise "Caprona") und den dazugehörigen wilden und doch koordinierten Attacken der Viecher und Killer. Mit der Zeit bekommen die Figuren auch Tiefe, die sich neben den humorvollen Einwürfen in den längeren Dialogen zeigt, auch wenn gewisse Elemente schon arg strapaziert wurden. Dazu werden auch immer wieder Anspielungen auf Kunst und Literatur sowie der Wissenschaft eingeflochten, die zumeist von Thomas-schaut-weg stammen, während Torrance, der Revolvermann, über den geistigen Horizont seines indianischen Partners nur staunen kann. Ebenfalls nicht fehlen darf natürlich eine Liebesgeschichte und eine Dame, gegen die Calamity Jane oder Belle Starr wohl Waisenkinder gewesen wären. Apropos Damen - so ein kleines Vampirintermezzo mit Mädels darf auch nicht fehlen. Das Finale wird dann furios und bietet allerhand Kampfgetümmel, tote Untote, Blut und Gedärm und erstreckt sich über etliche Labyrinthe unter dem zerstörten Kalifornien. Da bleibt kein Auge trocken. Skurril, gewalttätig, actionreich und voller Spaß, der wahrlich nicht zu ernst genommen werden sollte, sonst ist man hier fehl am Platze. Höchst unterhaltsamer Genremix, der mit seinem kampflastigen Steampunk richtig zu gefallen weiß. Mal etwas weg von der üblichen Lektüre und hier auch gleich eine Empfehlung zu den beiden Steampunktwerken der "Unnatural history" von Jonathan Green, die beim Luzifer-Verlag erschienen sind, aber keine Western-Elemente enthalten. Und was Jonathan Maberry angeht, hat auch der Papierverzierer-Verlag auf die bekannten Joe Ledger-Romane verwiesen, aber auch wie die anderen Verlage wohl keine Idee, die auch wieder nach Deutschland zu bringen, nachdem ein Großverlag in recht platter Manier die Reihe einfach abgebrochen hat, obwohl Termin und Cover für den zweiten Band schon heftigst publiziert wurden. Schade.

Keine Kommentare: