Mittwoch, 30. Mai 2018

Bücher "To die for - Gnadenlose Jagd" P. Hunter

Phillip Hunter. Früher war Joe Soldat. Doch das ist lange her. Seitdem lässt er sich im Ring zusammenschlagen und arbeitet für die Londoner Unterwelt. Keine großen Sachen. Ein wenig Schutzgeld hier, ein kleiner Raub da. Joe ist vorsichtig und nicht dumm, auch wenn das alle glauben.
Sein letzter Job scheint einfach zu sein, aber genau das ist das Problem: Er ist zu einfach. Nun wird er gejagt – von seinen eigenen Leuten. Warum, weiß er nicht. Doch ihm bleibt nicht viel Zeit, denn plötzlich sind sie nicht nur hinter ihm her, sondern auch hinter einem kleinen Mädchen.
Das Mädchen erinnert ihn an jemand anderen. An etwas aus seiner Vergangenheit, das er am liebsten verdrängt hätte. Dort, wo alle Fäden zusammenzulaufen scheinen.


Wer sich den harten Geschichten diverser Helden aus dem Hardboiled-Bereich stets gewogen fühlte und diese heute in den Mainstreamweichspülverlagen vermisst, der wird bei diesem Buch von Phillip Hunter, das der feine und für etliche seiner Veröffentlichungen auch geschätzte Luziferverlag von Steffen Janssen, aufpassen müssen, dass ihm keine Freudentröpfchen in den Schritt enthuschen. 
Joe ist ein vom Leben gebeutelter Ex-Soldat, der bei einem simplen Coup mitmischen und am Ende als Sündenbock dastehen soll. Aber die Sache wird verkackt. Und so steigt der Leser in ein London ein, wo weder Promis noch Touris hinkommen, wo man die Sicherheit der Bevölkerung nicht so genau nimmt, was aber auch bedeutet, sie nicht lückenlos zu überwachen. In diesen dunklen Ecken, Bars oder Sporthallen ist Joe zu Hause, der einen schweren Verlust erlitten hat und immer noch an den Nachwirkungen knabbert. Er will sich nicht mehr auf Menschen einlassen, aber man bekommt nicht immer, was man will. Und so führt eines zum anderen. Joe ist nun wahrlich nicht der strahlende Siegertyp, der faire Held in güldener Rüstung, dem die schlauen Einfälle nur so aus dem After flutschen. Aber er ist auch kein Vollidiot und garantiert nicht wehrlos, er weiß seine Fäuste einszusetzen - und das macht er ohne Gnade. Und weil Joe als Erzähler fungiert und nebenbei auch nicht der Blitzmerker ist, dauert es auch im Buch einige Seiten, bis man die Hintergründe zumindest erahnt und wenn die Generation ohne Konzentration an ein solches Buch gerät, bricht sie es üblicherweise ab und kritisiert es schon nach nur einem Viertel der Lektüre als Fehleinkauf. Entweder man liest das Buch durch und äußert seine Meinung zum Gesamtwerk oder man lässt es bleiben. Der Mensch, dieser Autor, hat daran hart gearbeitet, da kann man ihm mindestens den Respekt erweisen,  sein Ergebnis erst zu beurteilen, wenn man es vollständig kennt. Alles Andere ist unfair. Wenn das Buch dann nach dem Schlussakkord immer noch scheiße ist, dann kann man das auch als Urteil abliefern, aber nicht nach ein paar wenigen Sätzen. 
Der Stil und die Atmosphäre ist traurig, stoisch und knochentrocken. Da wird mit einer deftigen Brutalität Faustarbeit verrichtet, die ungeschönt über Gnade und Fairness hinwegsieht und die auch den anderen Mitspielern ziemlich viel an Schaden zumutet. Hemmungslos ist vielleicht das richtige Wort für das Agieren aller Beteiligten. Und die Gangster sitzen hier nicht in Berlin, Washington D.C. oder in diversen Banken der Londoner City und halten die Anzüge/Kostüme ins Blickfeld der ehrlich arbeitenden Masse, um sie immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass sie, die Hüter des Wohls und des Geldes, etwas besseres sind als das Volk, für das sie dasein sollten oder deren Moneten sie verwalten und nach geraumer nach für Guthaben noch Strafzinsen verlangen - und das ungestaft durch die Reierungsanzüge. In Joes Welt hätten diese Gauner keine Chance. Ihnen würde es gehen wie Frankfurt-Fred auf der Toilette - sie würden den Kürzeren ziehen. In knappen, kurzen Sätzen, eher hingeworfenen Dialogen und einem sparsamen Stil mit trockenem Humor, der eher zu der grimmigeren Art zu zählen ist, schickt Phillip Hunter seinen Joe durch die wenig mondäne, dafür umso derbere und schonungslosere Unterwelt Londons, um zu klären aus welcher Richtung der Wind des Todes für ihn weht. Und weil das feinste Thrillerunterhaltung ist, die sich 10/10 wohl verdient hat, hab ich auch gleich gestöbert, ob Joe noch weitere Gauner verdreschen darf. Die Briten wurden noch mit zwei weiteren Abenteuern von Joe bedacht - und das wiederum erinnert mich irgendwie an Hank Thompson und sein Schicksal, das uns Charlie Huston näherbrachte. Ob der Luzifer-Verlag uns ebenfalls mit den beiden anderen Büchern von Phillip Hunter verwöhnt, kann ich nur hoffen. Kauftipp für Freunde harter Kost, die keine Kompromisse macht. Und jene, die ihre gekauften Bücher auch zu Ende lesen.

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