Samstag, 4. April 2009

Buchreview "Russisches Abendmahl"

Brent Ghelfi. Alexei Volkovoy, genannt Volk, ein alter Tschetschenien-Kämpfer, der im Krieg einen Fuß verlor und seither mit einer Prothese lebt, ist ein Gangster, der im postsowjetischen Moskau dubiose Geschäfte mit Drogen, Waffen und Kunstobjekten macht. An seiner Seite hat er Valja, eine exotische Schönheit, die seine gefährlichste Waffe und ihm treu ergeben ist. Zwei Männer kontrollieren jeden seiner Schritte: Maxim der psychotische Herrscher der Moskauer Unterwelt und der General, dem Volk auf geheimnisvolle Weise verpflichtet ist. Von Maxim erhält Volk den Auftrag, aus der Eremitage in St. Petersburg ein bisher unbekanntes Bild von Leonardo da Vinci mit dem Titel "Leda und der Schwan" zu stehlen. Das Gemaälde stammt aus der Sammlung von Sophia Alexejewna, der Schwester Peter des Großen, einer rechtmäßigen Thronfolgerin. Mit einer kleinen Truppe dringen Volk und Valja in die Eremitage ein und können das Bild entwenden, doch bei der Flucht stellt sich heraus, dass einer der Mitstreiter ein falsches Spiel treibt und mit der "Leda" entkommt. Die Suche nach dem Verräter und dem Gemälde führt Volk nach Prag, New York und wieder zurück nach Moskau, wobei er eine blutige Spur hinter sich herzieht.

Zwei positive Aspekte gleich zu Beginn. Der Klappentext beinhaltet glücklicherweise längst nicht das gesamte Szenario des Buches, was schon so viele andere Werke langweilig machte und endlich wieder ein Protagonist, der nicht mit einem heldenhaften Heiligenschein den Leser blendet (was mittlerweile ebenfalls langweilt). Volk ist ein Veteran, kriegsverseht, Gangster mit eigener Räuberbraut und alles andere als zimperlich. Menschlichkeit zeigt er nur, indem er Soldatenwitwen oder abgestürzten Ex-Soldaten hilft, da sie für ihr Land gekämpft haben, und in seiner Liebe zu Valja. Ansonsten betreibt er im heutigen Russland seine illegalen Geschäfte. Er ist eher ein vielschichtiger Charakter wie man ihn als Vic Mackey aus "The Shield" kennt. Er handelt mit allen möglichen Produkten von Drogen bis zur Frauen, aber nicht mit jedem, was ihn auch auf die Abschussliste so manches Geschäftskonkurrenten bringt. Nach einem missglückten Anschlag konfrontert er den Typen mit einem Uzi-Blowjob, um kurz danach in ein unsauberes, undurchsichtiges sowie riskantes Vorhaben einzusteigen.
Ab diesem Zeitpunkt ist die Aufmerksamkeit des Lesers gefragt, da etliche völlig unterschiedliche Figuren in dem Spiel mitmischen und man sich schon konzentrieren muss, um diese alle auseinander zu halten. Die Motive bleiben bis zum Ende im Dunkeln und man kann sich außer bei Volkov selbst nie sicher sein, dass diese oder jene Person nun die ist, für die sie sich ausgibt. Gleichzeitig erhöht sich der Härtegrad der Vorgehensweise und es wird so kalt und gefühllos ohne Bedenken getötet, als würde man eine Zigarette austreten - einfach so nebenbei, völlig gedankenlos. So fordert die gnadenlose Jagd durch die Großstädte der Welt etliche Menschenleben und findet beileibe nicht das erwartete Ende.
Zynisch, hart und schnell lässt Brent Ghelfi seinen Helden durch die Handlung und dessen illegalen Machenschaften hetzen. Während er zudem die Zustände im Russland von heute schildert, die den Weg in die westlichen Medien nie schaffen. Armut, Schmutz, Korruption, Kriminalität, Hoffnungslosigkeit und Wodka prägen die russische Gegenwart, das Verbrechen hat seine Blütezeit und Volk ist ein Produkt davon. Einerseits führt er seine Geschäfte wie ein Buchhalter mit Büro und Papierkram, andererseits ist er auch ein Mietkiller zwischen allen Fronten, der sich in dieser komplexen, harten Story um ein brutales Ränkespiel mit allen Mitteln und einer selten gelesenen Kompromisslosigkeit zur Wehr setzt. Gnade gibt es keine, Zeugen werden nicht hinterlassen und von seinen Foltermethoden kann auch ein Jack Bauer noch etwas lernen. Ghelfi hat mit seiner Kombination aus knüppelhartem Actionthriller und russischer Gegenwart einen Roman geschaffen, der weit über das Mittelmaß hinausgeht. Fast perfekter Erstling und wer auf Charlie Huston oder Duane Louis sein Augenmerk gelegt hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. Top!!

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