Mittwoch, 16. Februar 2011

Buchreview "Wilder Winter" und "Rumble Tumble"

Joe R. Lansdale.
"Wilder Winter":
Hap Collins: weiß, hetero, Kriegsdienstverweigerer. Leonard Pine: schwarz, schwul, Vietnamveteran. Die beiden ungleichen Freunde haben auch schon bessere Tage gesehen und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs auf den Rosenfeldern von Texas durch. Eines schönen Wintermorgens tauchen Haps Ex-Frau Trudy und ein paar Kumpels aus den 60er Jahren auf, die den bewaffneten Kampf gegen das Establishment wiederbeleben wollen. Das Startkapital dazu liegt angeblich im Sabine River: eine Million Dollar aus einem schiefgelaufenen Bankraub. Hap ist in der Gegend aufgewachsen und soll bei der Suche helfen. Doch die Zeiten haben sich geändert, und auch ehemaligen Revolutionären sitzt mittlerweile das Hemd näher als die Hose. So bewahrheitet sich bald das, was Leonard von Anfang an klar war: Wo Trudy ist, gibt's Ärger. Es wird ein wilder Winter.
Fängt an wie ein normaler Krimi. Knacki verrät Kumpel, wo eine Beute versteckt ist, die aus einem Bankraub stammt und die wohl immer noch vor Ort ist. Daraus macht Lansdale, der eh nicht für ellenlange Romane bekannt ist, eine raffiniert erzählte Geschichte, die man schon in einem Rutsch durchliest. Das Anwerben von Hap durch Trudy, Leonards KdN (Kraft durch Nörgeln)-Einstellung, die Suche nach dem Ort des versteckten Geldes im Sumpfgebiet von Texas und die Komplizen von Trudy haben schon was für sich. Besonders die ersten beiden Drittel vertreiben dem Leser die Zeit mit den ständigen Frotzeleien der beiden Kumpels, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, in derbem Umgangston auf humorigste und pfiffigste Weise. Dann schlägt das Geschehen um und es wird mit Auftauchen der Altrevoluzzer und dem Geld hart und blutig. Die Situation eskaliert und der Showdown hat es wirklich in sich. Das Buch war trotz seiner geringen Seitenzahl jeden Euro der Anschaffung wert.
"Rumble Tumble":
Hap arbeitet als Rausschmeißer in einem Nachtclub und wohnt, seit ein Tornado sein Haus zerstört hat, bei Leonard - sehr zu dessen Missvergnügen. Haps zweite Stütze ist seine Freundin Brett. Als deren Tochter, eine drogenabhängige Prostituierte, an eine brutale Biker-Gang "verliehen" wird, ist Brett wild entschlossen, sie nach Hause zurückzuholen. Dass sie dies nicht allein schaffen kann, ist klar. Leonard besorgt einen Koffer voll Waffen und adoptiert nebenbei einen "Sohn", Hap steuert seine Treffsicherheit und gelegentliche Gewissensbisse bei, und Bretts Mutterinstinkt verwandelt sie in eine Furie. Eine wilde Jagd durch Texas, Mexiko und Oklahoma beginnt.
Im Vergleich zu "Wilder Winter" setzt Lansdale in Sachen Humor und Action noch einen drauf. Lachen bis es einem im Blutrausch vergeht. Und da Lansdale seine Geschichten, die er famos erzählt, nicht künstlich aufbläht, um unwesentliche Randnotizen unterzubringen und Seiten zu schinden, geht die Story geradlinig und straight voran. Keine Schnörkel, kein leeres Blabla oder sinnlose Psychospielereien. Wortgewandt und stilsicher geht es von einer Bredouille in die nächste, wird nach Oklahoma auch noch Mexiko unsicher gemacht und bei der Rückkehr nach Texas wird man auch noch mal überrascht. Ungeschminkt, hart, amoralisch kommt Lansdales Texas daher. Blutig, brutal und schonungslos. So kümmern sich die beiden Kumpels mit schierer Waffengewalt um die Befreiung von Tillie und nicht wenige bleiben dabei endgültig auf der Strecke. Aber sie schaffen es erwartungsgemäß zurück und Leonard kann sich wieder um seinen "Sohn" kümmern. Wie gewohnt: kurz und gut. Und da beim Golkonda-Verlag und dem anhängenden Shayol-Verlag noch weitere Bücher von Lansdale zu erwerben sind, werde ich mich demnächst um "Sturmwarnung" und "Teufelskeiler" kümmern.

2 Kommentare:

Boo! hat gesagt…

Interessanter Lesestoff – gerade "Rumble Tumble" macht mich sehr neugierig und "hört" sich so an, als wäre die Story genau nach meinem Geschmack – muß Buch bestellen und zwar sofort :-)!

Harry hat gesagt…

Nö, lass mal. Liegen schon im Paket der nächsten Sendung. Außerdem werden in "Wilder Winter" die Protagonisten vorgestellt. Sollte man schon nacheinander lesen.
Gruß
Harry