Dienstag, 7. Mai 2013

Buchreview "Schwarzer Schmetterling"

Bernard Minier. Ein abgeschiedenes Dorf in den französischen Pyrenäen, eingeschlossen von Schnee und Eis. Eine geschlossene Anstalt, ein Wasserkraftwerk in 2000 Metern Höhe und ein hochintelligenter Psychopath mit einem teuflischen Plan. Ein verstörender Alptraum wird Realität.

In den Pyrenäen wird bei einem Wasserkraftwerk ein grausamer Fund gemacht. Hinzugezogen wird ein Commandante aus der Stadt Toulouse, da die Befehlshaber von einem mächtigen Konzernchef genötigt werden, alles andere ruhen zu lassen, um den Fall zu klären. So erklärt sich Commandante Martin Servaz bereit, zusammen mit Capitaine Irene Ziegler von der Gendarmerie die Ermittlungen zu leiten. Diverse Theorien über den Tathergang werden diskutiert, bis man die DNA eines der Insassen der Heilanstalt vor Ort am Tatort entdeckt. Problem: die Klinik ist mit besten Sicherheitsmaßnahmen gegen die hochgefährlichen Psychokiller des Instituts versehen. Wie sollte da einer rauskommen? Man trifft dort auch auf Diane Berg, die tags zuvor erst ihre Stelle hier angetreten hat. Als diese später zufällig ein Gespräch zwischen dem Leiter der Anstalt und der Chefpflegerin mithört, beginnt sie selbst rumzuschnüffeln, da sie vermutet, dass innerhalb der Klinik einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. In der Ortschaft im Tal spitzt sich die Lage zu, weil jetzt auch dort Menschen ermordet werden oder andere spurlos verschwinden. Jede neue Spur führt die Polizisten immer mehr zu alten Geheimnissen, die in dem Ort unter Verschluss gehalten werden. Hat der Fall wirklich nur oder überhaupt mit der Klinik zu tun?

Bernard Minier baut in seinem Debüt "Schwarzer Schmetterling - Glace" schon zu Beginn eine düstere Atmosphäre auf. Eine einsame Klinik, die wie ein Prunklbau aus alten Zeiten am Berg hängt, der in Eis und Nebel seine schroffen Züge unter einem wolkenverhangenen Winterhimmel zeigt, dazu das grässlich an den Berg drapierte Opfer. Seine Protagonisten sind alle Menschen mit Problemen aus ihrer Vergangenheit, die sie nicht verarbeitet haben, denen man inklusive der  neuen Therapeutin der Klinik selbst hin und wieder eine Sitzung empfehlen würde gegen ihre Ängste und Befürchtungen und depressiven Attacken. In Rückblenden stellt Minier deren Lebenswege vor, nimmt sich aber auch die Politik und die Gesellschaft zur Brust. Ob es nun die gutbezahlten Manager sind, die ja ach soviel Verantwortung tragen für Firma und Mitarbeiter, die aber im Versagensfalle doch nur mit Entlassung reagieren oder schlimmstenfalls selbst mit hohen Abfindungen freigestellt werden. Von Verantwortung keine Spur, wie man derzeit ja auch beim Bankensektor sieht. Da darf der Steuerzahler und bald auch der Sparer ran und die Verursacher werden verschont und lachen sich ins Fäustchen. Die Politik kriegt ihr Fett weg, da sie den Konzernen, die ihr Handeln eh schon fast bestimmen, keine Steine in den Weg legt, wenn es an die Ausbeutung ihrer Mitarbeiter oder der Natur geht. Heute wird die Welt doch schon fast von Konzernen regiert und die Menschen zur Ware degradiert, während die Regierung sie umfassend kontrollieren will - die Gesellschaft, nicht die Konzerne und ihre hochbezahlten Manager. Doch auch in der Gesellschaft läuft einiges schief, wenn Jugendliche völlig ohne Reue einen Obdachlosen totschlagen und dann noch von ihren Eltern bestätigt werden mit Sätzen "der war eh nur ein Parasit und Schnorrer, nicht schade drum". Alles verroht und könnte mit den vielen neuen Medien zusammenhängen, die den Typen auch noch Aufmerksamkeit schenken und über die sich die Spinner, Killer, Holligans oder gar Selbstmordcliquen zu ihren Taten verabreden können. Das alles und noch mehr (Outsourcing, Medikamentenmissbrauch, Herstellung nur im lohnenden Fall usw.) hat Minier in seinen Psychothriller eingewoben, der mit einigen Wendungen gespickt ist und der der Klinik ein Ambiente wie in einem Horrorschinken gibt sowie zeitweise wirklich auf Augenhöhe mit Jean Christophe Grange ist. Spannung ist Programm in diesem hintergründigen Thriller und es ist ein fast rundum gelungenes Werk. Gegen Ende und hinsichtlich der Auflösung bleibt aber doch ein kleiner Makel, andererseits wird auch nicht alles so gelöst, wie man es in einer heilen Welt gerne hätte. Eines der stärksten Werke dieses Jahres, wenn auch nicht ganz an Grange heranreichend.

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