Dienstag, 10. Juni 2014

Buchreview "Shooter" S. Hunter

Stephen Hunter. Im Dschungel von Vietnam war Bob Lee Swagger einer der besten Scharfschützen der Marine, eine wahre Killermaschine. Heute lebt er zurückgezogen in den Bergen von Arkansas und will nichts mehr wissen von Krieg und politischen Intrigen. Doch er weiß zu viel ... über das Töten! Bob lässt sich von einer Spezialtruppe der Regierung zu einem letzten Einsatz für sein  Vaterland überreden - und tappt in eine ausgeklügelte Falle. Plötzlich findet er sich auf der falschen Seite der Zielscheibe wieder und wird als Mörder des Präsidenten von einer ganzen Nation gejagt. Um seine Unschuld zu beweisen, sucht er die wahren Mörder. Zu dumm, dass ausser einem abtrünnigen FBI-Agenten und der Witwe seines im Krieg gefallenen Freundes niemand an seine Unschuld glaubt.

Nachdem er in Vietnam mit 87 "Abschüssen" glänzen konnte, dann aber von einem vietnamesischen Heckenschützen dienstuntauglich geschossen wurde - sein Freund und Späher Donny starb bei dem Einsatz -, kehrte Bob Lee Swagger in die Heimat zurück. Eine Integration in die Gesellschaft gelang ihm nicht. Mit seiner Pension sowie einem stattlichen Batzen Geld aus einem gewonnenen Prozess gegen ein Magazin, das ihn verleumdete, hat er sich in die Berge von Arkansas in eine Hütte zurückgezogen, wo er nur mit dem Hund Mike lebt. Er hat dem Töten zwar abgeschworen, ist seiner Liebe zu Waffen aber treu geblieben. Dafür haben es die Menschen mnit ihm schwer. Er vermeidet jeglichen Kontakt soweit es ihm möglich ist. Doch eines Tages suchen ihn die Leute einer Firma auf, die angeblich für die Sicherheit des Präsidenten auf einer Wahlkampf-Tour sorgen. Sie wollen ihn, den Spezialisten, als Berater. Er soll ihnen anhand diverser maßstabsgetreuer Modelle zeigen, wo ein möglicher Heckenschütze einen Anschlag ausführen würde. Alles wird mit hohem Aufwand organisiert. Am Tag des wahrscheinlichen Attentats postiert man Swagger als Beobachter in einiger Entfernung an einem Standort, von dem aus er das Podest, auf dem der Präsident seine Rede halten soll gut einsehen kann. Plötzlich fallen Schüsse. Noch während Swagger rätselt, woher die gekommen sein mögen, wird er von einem Polizisten attackiert und verletzt. Dennoch kann er entkommen. Und er zieht sich zurück, um seine Wunden zu versorgen. Er geht zu der einzigen Person, der er noch traut: Der Witwe seines Spähers Donny. Dort kommt er wieder auf die Beine. In der Zwischenzeit macht sich der FBI-Agent Nick keine Freunde, als er versucht, diverse Ungereimtheiten in der Geschichte zu klären. Er bekommt ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen, wird sogar suspendiert und schlägt sich dann auf die Seite von Swagger. Als der wieder genesen seinen Kampf gegen seine Feinde aufnimmt, hat er in Nick einen Unterstützer gefunden. Swagger zeigt den Bastarden, was 87 Abschüsse in Vietnam für eine Bedeutung haben.

Wer den zweifellos guten Film "Shooter" mit Mark Wahlberg gesehen hat, dem sei gesagt, dass dieser echt nur ein Swagger light gewesen ist. Bob Lee - niemand darf ihn Robert nennen - ist ein schweigsamer Redneck. Einer, den man sofort als die typische Sorte Südstaatler einordnet, die im Hinterland gegen die Regierung zicken, Waffennarren sind und liebend gerne alles killen, was ihnen vor die Flinte kommt. Aber Swagger ist nicht ganz der schmutzige und rassistische Hinterwäldler, auch wenn er gerne Schleimklumpen hervorrotzt und Waffen lieber als Menschen mag. Wortkarg, unnahbar, stur und unfreundlich ist er. Ein schwieriger Charakter. Völlig ungeeignet als der strahlende Held eines Actionfilms oder eines Buches. Eigentlich sind so ziemlich alle handelnden Personen in dem Roman (Ausnahmen vielleicht Nick und Sally sowie Julie) irgendwie unmoralische Figuren, die Regierungsposten mit korrupten und egoistischen Lutschern besetzt, die nur das eigene Wohl und einen schnellen Aufstieg im Sinn haben. Da scheint so ein Redneck, den keiner vermisst das richtige Opfer. Und ab da bekommt das Buch eine gewaltige Portion Härte, die dem Film sicher eine JK eingebracht hätte. Swagger macht sich nämlich seinen eigenen "Hamburger Hill". Er findet wieder Spaß am Töten, will gar nicht aufhören. Räumt die Angreifer in Massen aus dem Weg und hat richtig Freude dran. Er liebt seine Waffen, die ihm bei entsprechender Pflege treuer sind als irgendwelche Menschen es je waren. Stephen Hunter macht aus dem Buch einen richtigen Führer durch alle Waffengattungen, über Windrichtungen, Schwerkraft, Luftwiderstand und technische Daten. Ein echter Waffenporno, der dann auch gut mit Megan Fox verglichen werden kann. Er beinhaltet Fakt und Fiktion - Fakt sind die Daten zu den Waffen, Fiktion ist die Geschichte des Bob Lee Swagger (Bei MF sind vielleicht grade noch die Füße Fakt, der Rest ist wohl schon Botox-/Silikon-Fiktion.). Ein harter, actionreicher und sehr realistischer Thriller mit mehr Unsympathen als in zwanzig anderen Thrillern zusammen und einem Protagonisten gegen den die Filmfigur schon fast ein Heiliger war. Und auch wenn fast alle seinen handelnden Figuren ein Profil bekommen, man sich tatsächlich an amerikanische Auswüchse in Süd- und Mittelamerika erinnert fühlt, ist "Shooter" vor allem eine "Don't talk - shoot and kill"-Geschichte, die den Leser unterhalten soll. Und vermutlich amerikanische Leser eher anspricht als die hiesigen bisher, denn wie sonst ließe sich erklären, dass es erst des Festa-Verlages bedurfte, diese Romane um Bob Lee Swagger ungekürzt zu veröffentlichen. Einfach eine Freude, das Buch.
Und damit auch den Übergang zum Verlag hinbekommen. Es ist noch gar nicht allzu lange her, da galt der Festa-Verlag eher als Geheimtipp für Konsumenten mehr oder weniger gepflegten (dazu gleich mehr) Horrors. Nach und nach konnte sich der Verlag um Horror- und mittlerweile auch Crime-Papst Frank Festa mehr Marktanteile sichern, sich einen exzellenten Ruf und eine stetig steigende Fangemeinde aufbauen. Dazu beigetragen haben sicher auch die Idee der Reihe Festa Extrem, in der man knüppelharte, ultrabrutale und nicht gerade gepflegte Horrorkost nur über den Verlag an den geneigten Kunden bringt, da sich solche Lektüre ob der beschriebenen Perversitäten und mehr als nur deftigen Sexeinlagen kein Händler auch nur bereit erklärt, das Material in seinem Produktportfolio anzubieten. Zu sehr fürchtet man in den etablierten Läden oder Internetanbietern in die Schmuddelecke gestellt zu werden oder Perverse zu bedienen. Das ist die deutsche Selbstzensur in Reinkultur. Und feige ist es auch. Aber Frank Festa war der Vorreiter, mittlerweile gibt es andere Kleinverlage, die sich auch trauen, solche Werke zu veröffentlichen. Ein Alleinstellungsmerkmal hat der Verlag aber in Sachen Zufriedenheitsgarantie. Niemand sonst bietet an, ein Buch bei Nichtgefallen wieder zurückzunehmen und den Kaufpreis zu ersetzen (Ob das jetzt per Gutschrift oder Rücküberweisung geschieht, weiß ich nicht, da ich a) noch nie in die Verlegenheit kam, wegen Nichtgefallen ein Buch zurückzusenden und b) wohl noch zu sehr Alte Garde bin, als dass ich bei einem selbstverschuldeten Fehleinkauf mein Geld zurückverlangen würde.). Ein weiterer Schritt war die Aufnahme einer Crime-Ecke im Verlag. So kommen Freunde des harten Thrillers (Michael Slade, Ben Coes, Dan Simmons, Stephen Hunter und und und) oder phantastischen Werken wie den Handyman Jack-Romanen von F. Paul Wilson zu ihrem Recht. Und die Begeisterung steigert sich mit jedem Namen, den Herr Festa nennt, den er unter Vertrag genommen hat. Da sind von Großverlagen verheizte Autoren wie Brian Keene, die sich dann lieber dem Festa-Verlag angeschlossen haben oder solche Exoten wie Edward Lee und Wrath James White, die die Grenzen des Erträglichen ausloten. Aber auch die Ankündigung, Robert R. McCammon ins Programm zu nehmen, hat bei einigen Skeptikern ein Leuchten ins Auge gezaubert (gelle, TC). Bei mir war es zusätzlich noch, dass der  neue Scott Sigler sowie Romane von Jeremy Robinson wohl zu seinem letzten glorreichen Schachzug kommen: Der Gründung des SciFi - und Endzeitablegers Deltus. Da wird man mit Kaiju- und Zombieliteratur verwöhnt, bekommt man William R. Forstchen mit einer erschreckenden Zukunftsvision geboten. Und alles aus hochwertigem Papier, Einband und Druck sowie einem - im Gegensatz zu den Großverlagen - hervorragenden (Das würde ich nach eigenen Erfahrungen sogar beeiden, gelle Frank) Lektorat/Korrektorat. Und zum Schluss noch die letzte Besonderheit: Während die überall so geschätzten Publikumsverlage ihre Ebooks zu einem ähnlich hohen Preis anbieten, wie die gedruckten Werke, da die Kosten angeblich ähnlich hoch sind, schaffen es der Festa-Verlag und viele weitere Kleinverlage, ihre Ebooks auch zu kleinem Preis anzubieten, eben weil die Druck- und Lagerkosten geringer sind. Ein Grund mehr, Kleinverlage, die Genres anbieten, an denen man Interesse hat, auch nachhaltig durch Käufe und wenig bis keine Rücksendungen zu unterstützen. Genug geschleimt.

3 Kommentare:

Sean Archer hat gesagt…

Ich hab damals Bob Lee Swaggers ersten Einsatz noch unter dem Titel "Im Fadenkreuz der Angst" vom Goldmann Verlag gelesen.
Aber dabei soll es sich ja laut Aussage von Festa um die gekürzte Vorlage handeln.

Harry hat gesagt…

Den und "Die Gejagten" hatte ich auch hier liegen. Als der Frank anmer
kte, dass der "Shooter" ungekürzt sein, hab ich den alten verschenkt. "Die Gejagten" wird so lange behaltne, bis es ne uncut gibt.

Hab mir gerade aus nem anderen Verlag die ungekürzten Neuübersetzungen von den "Shaft"-Büchern besorgt. Wenn Shane darauf keinen anspruch erhebt, gehen die dann als Paket in die angekündigte Verlosung.

Gruß
Harry

Harry hat gesagt…

Notiz: Shane erhebt Anspruch.

Eines hab ich doppelt, das kommt dann in die Verlosung.