Sonntag, 11. Januar 2015

Buchreview "Wer wird Perversionär?"

Steve Lowe. Der arme Dennis ist am Tiefpunkt seines Lebens angelangt: geschieden, kein Geld, kein Job, keine eigene Bleibe. Schlimmer geht’s nimmer, so scheint es. Was macht es da schon, wenn er sich auf eine fragwürdige Reality-Show namens Wer wird Perversionär einlässt? Immerhin winkt dem Gewinner eine Million Dollar! Allerdings unterschätzt Dennis, wie pervers die zu meisternden Aufgaben wirklich sind. Leider muss er feststellen, dass Aussteigen keine Option ist, denn sein grobschlächtiger Hüne von einem Kameramann hat andere Pläne für Dennis – und vor allem für das Geld.

Dennis hat sich früh getraut. Und solange es noch nicht ums richtige Leben und Rechnungen bezahlen ging, war alles rundum Glück. Doch das Paar wurde von der Realität eingeholt. Er schuftete, um die Kohle ranzuschaffen und sie ackerte, um für immer wieder neue Rechnungen zu sorgen. Job für Madame? No way!! Irgendwann schnappte sie sich den armen Wicht und ließ ihn die Scheidungspapiere unteschreiben. DANACH wurde er über die Schwangerschaft informiert. Guter Dussel, der er ist, kümmert er sich um die entschwundene Gattin - bis ihm im Krankenhaus die geborene Tochter präsentiert wird. Mit ihrem asiatischen Gesichtchen dämmert ihm, dass er mal wieder ausgenutzt wurde. Keine Ahnung, wer der Daddy ist, bezahlen durfte wieder einmal Dennis. Zeit für die letzten Freuden des Mannes: Saufen und Rumhuren. Doch auch das kostet Geld und ohne Job ist es auch vorbei mit Spaß. Jobsuche per Zeitungsannonce. Da findet er eine Anzeige, in der für eine Show Leute gecastet werden. Geht hin, wird angenommen - und fällt aus allen Wolken, als er erfährt, was er zu tun hat. Sicher, der vorherige Trip nach Vegas war dufte, hat jegliche Bedenken zerstreut, aber als ihm dann der Kameramann, der mit russischem Akzent parliert und den er mangels alternative Mongo nennt, und seine Aufgaben zugewiesen werden, schluckt er erst einmal tief und fest. Er muss für eine TV-Show einige heftige Prüfungen überstehen, um an den Gewinn von einer Million Dollar zu kommen - und hat dabei noch neun Konkurrenten. Selbstverfreilich geht es auch darum, den ganzen Sermon zu übertragen. Ist ja schließlich Reality-Privat-TV. Und so hat er es schon bald mit dem Alligator-Fick, dem Eselschlag oder dem Dirty Sanchez zu tun. Diverse Tussen, Mongo und die Ex-Gattin spielen weitere zentrale Rollen in der Tortur, die Dennis von nun an durchzustehen hat.

Betet, Leute, dass diese Konzept keinem der hiesigen Privatsender in die schleimigen Finger fällt. Die nutzen ja jede Chance mit menschenveachtenden Juroren oder Moderatoren die übelsten Skripts dazu zu nutzen, um das Niveau noch weiter abzusenken, von dem man glaubte, man könne es nicht mehr unterbieten. Dennis ist als Charakter und Person eher unscheinbar, unauffällig, in der Masse leicht zu übersehen, wohl auch leicht beeinflussbar und jemand, der von Leuten, die quasseln können, ohne was zu sagen, locker übers Ohr gehauen wird und wenig echtes Durchsetzungsvermögen aufweist. So rutscht der arme Kerl dann in eine Misere, die mit Ideen aufwartet, die das Buch mit fortschreitender Seitenzahl zum Brüller machen können, wenn man über das Faible für derartig deftigen und derben Humor verfügt. Splatterfreunde und Metzgergesellen werden in "Wer wird Perversionär?" nicht bedient, aber wer immer mal wissen wollte, was ein Dirty Sanchez ist, der sollte die Lektüre bis zum Ende genießen, da sie vor übelsten Handlungen sexueller Art und fiesen Einfällen nur so strotzt. Nicht jeder Gag zündet, aber der Spaßfaktor ist hoch genug. Und was unappetitliche Szenen angeht, wird Steve Lowe wohl auch nur noch von Edward Lee und selbstverständlich dem König des Fäkalgematsches - John Aysa - übertroffen. Spannung erhält aus den Fragen, was denn nun der Mongo-Kameramann oder die Ex-Gattin von unserem tapferen Helden wollen und ob er sich aus der Affäre ziehen kann? Nett sind natürlich auch die anderen Namensgebungen wie Harlot O'Hara oder Peter Oh'Tool. Man kann das Ganze durchaus auch aus der Perspektive der Medien- und Sozialkritik betrachten. Die Schrottsender gehen mit dem Niveau nur so weit runter, wie es die Zuschauer und Zielgruppen durch ihr Einschalten gestatten. Wenn man diverse Dreckssendungen allgemein boykottieren würde, wäre ihr Verschwinden aus dem Programmschema garantiert, weil sie eben keine Werbeeinnahmen generieren würden. Aber solange da draußen in der weiten Welt noch immer genug Zuschauer sitzen, die sich an den Leiden armer Tröpfe und dem gehässigen und boshaften Geschwätz von Moderatoren und ähnlichen Zeitgenossen ergötzen - und sei es nur, um im Pupssessel zu hocken und sich zu sagen, dass es ja Typen gibt, die noch weniger wert sind als man selbst -, solange wird es derartigen TV-Stoff auf unterstem Niveau geben. 120 Seiten zum Grinsen, Würgen, Schmunzeln und sich vielleicht  mal dem Gedanken hingeben, ob man sich jeden Scheißdreck ansehen muss, der einem Autorenhirnschiss entspringt.

2 Kommentare:

Carmen Weinand hat gesagt…

Sehr coole Rezi! Ich habe es gelesen, aber noch nicht besprochen. Mal gucken, ob ich am WE einen Rappel bekomme. Witzig war es allemal :-)

LG
Carmen

Harry hat gesagt…

Ich hab vom mkrug noch ASBO und die dritte Prinzessin hier liegen (aber über die letzte mit John schon diverse Witzchen ausgetauschet, die dan vielleicht den Weg in eine Rezi finden), will aber jetzt vom Luzifer-Verlag "Die Nester" angehen. Ich les deine Rezis übrigens auf der "testwerkstatt"-Seite, weil ich die halt damals so eingetragen hatte.

Gruß
Harry