Samstag, 23. Mai 2015

Buchreview "Das Haus der tausend Augen" B. Berkeley

Ben Berkeley. Als sich die tausend Augen der National Security Agency auf Gary Golay, den Stellvertretenden Stabschef im Weißen Haus, richten, wird sein Leben zum Alptraum: Er soll eine Prostituierte ermordet haben, auf grausamste Art und Weise. Während Gary um seinen Ruf, seine Familie und seine Freiheit kämpft werden die Beweise gegen ihn immer erdrückender. Selbst seine Frau kann sich dem Strudel von Verdächtigungen nicht entziehen. Einzig der kauzige Anwalt Thibault Stein und seine Assistentin Pia Lindt glauben seine Geschichte von einer Verschwörung, die bis ins Oval Office reicht. Und die uns alle betrifft, denn das Haus der tausend Augen blickt nicht nur auf Gary Golay. Sondern auch auf Dich.

In einer feudalen Wohnung wird eine Edel-Prostituierte brutal ermordet. Im Weißen Haus ist Gary Golay damit beschäftigt, dem Präsidenten die nötigen Stimmen zur Einreichung eines neuen Gesetzes zum Schutz der Privatsphäre zu besorgen. Es läuft bisher recht gut, man ist zuversichtlich. Unterdessen machen sich Anwalt Thibnault Stein und seine Assistentin Pat daran, pro bono eine alte Dame zu unterstützen, die von ihrem gierigen Vermieter aus der mietpreisgebundenen Wohnung gedrängt werden soll, damit der daraus Luxusapartments machen kann. Mit dem einen oder anderen Trick gelingt es ihnen, der alten Frau zumindest erst einmal etwas Aufschub zu verschaffen. Und in Fort Meade, dem Hauptquartier der NSA, werden Telefonate abgehört, Mails und SMS abgefangen und gelesen sowie selbstverständlich auch gespeichert. Bald taucht der Name Gary Golay auf. Und für den wird es nun eng. Von der Straße weg verhaftet, weil er des Mordes an der Prostituierten verdächtigt wird und zumindest einigen Indizien vorliegen. Seine Frau Emma, Ex-Pilotin und Karrierefrau, die ihre Kinder einem aus ihren großzügigen Gehältern gut finanzierbaren Kindermädchen überlässt, besorgt ihrem Gatten Anwälte. Thibault und Pat. Die holen Gary vorübergehend aus dem Knast, da keine wirklichen Beweise vorliegen. Doch das ändert sich bald. so nach und nach, fast wie ein gut geöltes Uhrwerk, trudeln immer neue Beweise bei der Staatsanwaltschaft ein. Jetzt müssen sie Gary auf das Verhör durch die Anklage vorbereiten. Und was da alles auftaucht, ist durchaus dazu angetan, ihn schuldig erscheinen zu lassen. Selbst seine Gattin zweifelt. Und dann geht der Rummel erst richtig los. Die Pressegeier belagern das Haus. Die Kinder werden in der Schule durch Klassenkameraden gemobbt. Und als die jüngere der beiden Töchter aus Angst vor der Presse direkt vor der Schule und wegen den Hänseleien der anderen Blagen völlig aufgelöst mittels eines anderen Ausgangs aus der Schule auf eine Straße rennt, wird sie von einem LKW erfasst und letztendlich tödlich verletzt. Pat hingegen bekommt von einer fremden Seite Hinweise, dass an den vorgelegten Beweisen etwas nicht stimmt und Golay wiederum scheint ebenfalls einen unbekannten Beschützer zu haben, der ihm vor einer weiteren Festnahmen durch Tipps und auch mit Tat zur Flucht verhilft. Thibault und auch der Präsident hingegen beschäftigen sich jeder auf seine Weise damit, den Vorwurf aufzuklären.

Zuerst muss ich leider sagen, dass ich hier selbst in die Falle der Reihen mit bestimmten Protagonisten getappt bin. Aus dem Inhalt oder sonstigen Beschreibungen war nicht zu erkennen, dass es sich hier um das dritte Buch um Anwalt Stein plus Assistentin handelt. Hier würde ich mir wünschen, dass die Verlage es kennzeichnen, ob es sich um eine Reihe und den wievielten Roman daraus handelt. Mehr kann ich hier dem Verlag nicht vorwerfen oder als Verbesserungsvorschlag anbieten, da er keineswegs die unschöne Marotte anderer Verlage sein Eigen nennt, einfach bei einer Serie als erstes ein Buch irgendwo aus der Mitte der bisher erschienen Werke zu veröffentlichen. Das nervt beim Lesen ungemein, wenn man ständig auf vorherige Geschehnisse hingewiesen wird, die man gar nicht kennen kann. Da fehlt dann auch etwas der Überblick und man kann sich leicht dazu verleiten lassen, die Figuren in dem Buch, das man gerade liest, als oberflächlich abzutun, da sie ja in den früheren Büchern, die man eben nicht kennt, ausführlich behandelt wurden. Der Autor nimmt sich in seinem Buch durchaus die Zeit, etliche Missstände heutzutage anzuprangern. Begonnen bei der blutgierigen Presse, die ohne Beweise Existenzen vernichtet, Familien zerstört und sich nicht um die Wahrheit schert (auch hierzulande bekannt - man nennt es Boulevard), sondern auf die Pressefreiheit berufen (warum setzt man da nicht einmal an und kontrolliert hier mal die Methoden) und aufmerksamkeitsgeilen Personen des öffentlichen Lebens, die sich durch jede Sendung im TV quasseln, in jedes Mikro ihre unbewiesenen Anschuldigen rotzen, das nicht schnell genug weggenommen wird und den Verdächtigen schon vorab für schuldig erklären, ohne sich auch nur ansatzweise nach erwiesener Unschuld des Verdächtigen zu entschuldigen (kennt man auch von hier und besonders nett, dass man gerade die Hetzredner dann selbst bei Unregelmäßigkeiten ertappt.) Selbstverständlich dürfen die Politiker nicht fehlen, die den Geheimdiensten ja ihre Methoden genehmigen oder zumindest durchgehen lassen. Selbstverständlich sind die Amerikaner wieder voll mittendrin, wenn es darum geht, gegen andere Nationen zu hetzen (aber auch bedenken, es ist nur ein Roman, den sich ein Autor ausgedacht hat), anstatt sich um sich selbst mal zuerst zu kümmern. Und dann geht es um die Ausspähung unserer Daten durch all diese Dienste mit den phantasievollen Bezeichnungen ohne jegliche rechtliche Grundlagen. Von der Freiheit, die das Land, das sich als Weltpolizei sieht, aber nur zum Eigennutz agiert, bleibt da gar nix mehr. Der Bürger trägt zwar mit den gedankenlosen Einträgen in die sogenannten sozialen (welch ein Hohn) Netzwerke mit dazu bei, dass die Wirtschaft (Welche die Spitzeldienste nicht nur gutheißt - Geld kann man mit allen Daten machen - sondern auch unterstützt, um sich das Wohlwollen der Regierung bei neuen Aufträgen zu sichern, die weiteres Geld einbringen. Profit ist alles, was zählt.) sich mit den Diensten verbündet. Nichts ist mehr sicher, alles kann so gedeutet und gedreht werden, wie man es gerade braucht und aus unbescholtenen Menschen werden in dieser unheiligen Verbindung aus Politik, Wirtschaft und Presse ganz schnell Monster gemacht. Dass Ben Berkeley recht nah an der Wahrheit ist, zeigt ja die BND-NSA-Affäre. Verwunderlich, wenn man daran denkt, wie sie dereinst über die Bespitzelung in den Ostregionen gewettert haben. Heute ist das alles doch noch viel schlimmer - im Westen, im Land der Freien, wie sie sich so gerne bezeichnen. Man sollte mal überlegen, gen Osten zu ziehen (nicht zu weit, damit die Klöten sich ob der vorherrschenden Kälte nicht zu erbsengröße minimieren), da man dort vielleicht besser dran ist. Die DDR als Überwachungs- und Unrechtsstaat zu bezeichnen ist unter derlei Umständen ein Witz - ein schlechter. Und das wird den Bürgern alles als Sicherheitsmaßnahmen im Kampf gegen Terroristen verkauft. Da wird dann mal wieder angeblich ein Anschlag verhindert und schon ruft man nach noch rigoroseren Gesetzen und Überwachungsmaßnahmen, während man gleichzeitig über diese bekloppte political correctness eine feine Zensur betreibt. Wortdrechselei, sonst nix. Und welche Erfolge haben diese Dienste denn aufzuweisen, wenn es darauf ankommt? Bin Laden - unterschätzt, bis es krachte. Irak - für den Einmarsch gelogen. IS - schlicht verpennt. Freiheit? Wer ist denn unter der "Obhut" (oder mit dem Kopf im Arsch der) USA noch frei?

Die Geschichte selbst ist jetzt eher ein Politthriller der leichten Sorte. Alles doch ziemlich oberflächlich skizziert. Es ist zwar spannend, aber im Prinzip sind alle Plätze hüben wie drüben gut erkennbar besetzt. Gute Jungs gegen böse Jungs. Ben Berkeley macht es dem Leser leicht, seiner Story zu folgen, unterlässt allzu verzwickte Manöver oder längere Sätze. Auch die Kapitel sind kurz und knapp gehalten, leicht verständlich. Das ergibt eine flotte Lektüre, die unterhalten kann, ohne zuviele Zwischentöne zu enthalten. Diese Familientragödie innerhalb eines nicht sonderlich komplexen, wenn auch thematisch interessanten Romanes, nimmt den größten Raum ein und beschreibt bestimmte Situtionen wie das plötzliche Misstrauen nach -zig Jahren Ehe und andere Konflikte viel zu kurz, driftet schnell in puren Mainstream ab, der seine Leser auf gar keinen Fall anstrengen will. Je weiter es dann dem Ende zu geht, desto nerviger wird es leider. Mein Gott, dieses Happy End war dann doch too much. Alle glücklich, alles gewonnen. Wer reine und pure Unterhaltung will, ist hier sicher nicht fehl am Platz, doch als Politthriller hab ich zu diesem bestimmten Thema aber auch allgemein schon etliche bessere gelesen. Mainstream-Mittelmaß allerorten.

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