Dienstag, 16. Juni 2015

Buchreview "Shaft und das Mordkomplott" E. Tidyman

Ernest Tidyman. In seinem vierten Fall bekommt Shaft den Auftrag, den einflussreichen schwarzen Senator Stovall zu beschützen, während sein Freund Ben Burford in Verdacht gerät, der Drahtzieher beim brutalen Überfall auf ein Hotel zu sein, bei dem 500.000 Dollar gestohlen worden sind. Wer hat den Raub durchgezogen? Und wo ist die Kohle jetzt?

Shaft erledigt erst einen kleinen Auftrag für seine Putzhilfe, die seine Wohnung viel zu ordentlich herrichtet, dass er sie kaum wiedererkennt (Die Wohnung, nicht die Putze), blockt dann aber ein Hilferesuchen von Anderozzi ob. Dass er sich für diesen unfreundschaftlichen Anfall einige derbe Sprüche anhören muss, war ihm sofort klar. Zum Ausgleich für derart Ungemach hechelt er hinter der Journalistentusse Winifred her, die ein Interview von ihm wollte. Er hätte gerne noch intensiv weitergehechelt, aber Anderozzi gibt keine Ruhe und vermiest Shaft eine Rohrverlegung. Der mittlerweile zum Captain gewordene Cop mit direktem Draht zum Polizeipräsidenten will sich bei Shaft einen Rat oder auch mehr zu Ben buford, dem schwarzen Aktivisten (siehe auch Buch 1) holen, der angeblich einen Bruch plant, der über eine halbe Million Piepen bringen soll. Nur kann keiner den Kerl finden. Shaft gibt nach. Auch weil das intensiv-intime Interview aufgrund des Abgangs der schnuckeligen Winifred Shafts Triebhaftigkeit merklich abgekühlt hat. Zum Dank dafür, dass Shaft sich nach Buford umsehen will, erhält er den Tipp, dass der schwarze Senator Stovall noch einen Bodyguard sucht. Bevor er den Job antritt, muss er das für Anderozzi erledigen. Die Bullerei hatte eine zugegeben unsichere, weil drogensüchtige Zeugin in Gewahrsam, die gegen Kaution rausgeholt wurde. Die findet Shaft tot vor. Jetzt will er selbst auch Gerechtigkeit und sucht erst ihren Zuhälter auf, der sich dann völlig überraschend selbst tötet. Seltsam, seltsam findet Anderozzi, aber auch ein guter Dienst am Bürger. Da regen ihn die zwei toten Dealer, die früher die Zeugin mit Stoff versorgten schon gar nicht für erwähnenswert. Vermutlich auch kreativer Selbstmord. Dann erscheint Shaft bei dem Senator und ist beeindruckt. Für einen Politiker er in recht netter Kerl, womöglich sogar ein seltenes Exemplar der ehrlichen Politikers. Die muss man ja weltweit mit dem Teleskop suchen. Eines Abends schickt der Mann Shaft nach Hause und prompt schnappt eine vorbereitete Falle zu. Stovall wird von einer riesigen Cowboyschwuchtel bedrängt und verprügelt. Shaft fühlt sich irgendwie auch schuldig an dem Vorfall, weil er nicht da war. Cowboy-Tunte gesucht und gefunden und irgendwie kommt es wieder zu einer sehr kreativen Selbtstötung in der Gegenwart des Detektivs. Anscheinend hat der Cowboy sich derart schuldig gefühlt, dass er seine Knarre erst dazu benutzte, umn sich die Genitalien zu entfernen und dann ein Kissen schnappte, es sich vor die Brust hielt und dann mit der Knarre zwei Kugeln durchs Kissen in die Schwuchtelbrust zu jagen. Was keiner weiß - der Gay-Kongress, der gerade im Hotel des Senators stattfindet, wird als Tarnung für den Bruch genutzt, wegen dem man liebend gerne Ben Buford in die Griffel bekommen möchte.

Teil 4 der Detektiv-Potenz-Saga um John Shaft zeichnet sich durch eine Menge Humor aus. Da werden einige Register gezogen und viele der Sprüche zünden auch. (Kommt Shaft zurück in seine ehemals chaotische und jetzt gereinigte Wohnung und fragt sich: "Wo ist denn der Schiefe Turm von Pizza?"). Ganz nebenbei sind auch die Gewaltausbrüche durchaus menschenverachtend. Da wird ein Verfolger nicht nur KO geschlagen, da wird dann schon mal das Genick gebrochen, unschuldige müssen dran glauben und auch die Cops sind keine Kinder von Traurigkeit. All das in schier unglaublicher Kälte und Beiläufigkeit. Knallharte Erzählkunst, nicht unbedingt massenkompatibel. Auch deswegen, weil in diesen Büchern aus den 70-ern die Political Correctness noch nicht greift und noch niemand auf die Idee kam, die Übersetzungen anzupassen an diesen neuen, vom richtigen Weg abewichenen Zeitgeist (Wärs doch bloß ein Geist geblieben). Hier wimmelt es noch von Polacken, Kanaken, Bimbos, Niggern, Behinderten, Nutten usw. Dadurch wird aber auch die für Zartbesaitete wenig erquickliche Umgebung in der sich Shaft und seine Kollegen, Gegner und die Polizei bewegen müssen, besser beschrieben als es jede Schönfärberei via Wortgedrechsel könnte. Selbstjustiz ist noch ein amerikanisches Kulturgut und noch nicht von Politwaschlappen verwässert. Tidyman schreibt eigentlich oft recht unaufgeregt, nutzt auch den schon erwähnten Humor, um dann urplötzlich Gewalt und Aggressionen ausbrechen zu lassen. Und ja, wer heutzutage von den gleichförmigen TV-Serien, den kunst- und gefühlorientierten Polizeikommissaren und den Ermittlern, die den Dialog lieben in Buch und Film, die Schnauze voll hat, ist bei den Romanen um "Shaft" genau richtig.

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