Dienstag, 4. November 2008

Buchreview "Logoland"

Max Barry. In Max Barrys Vision von Morgen läuft der globale Kapitalismus und Konsumterror Amok. Die Welt wird von einigen wenigen amerikanischen Konzernen beherrscht, die aggressiv um die Vormachtstellung am Markt kämpfen, wobei ihnen jedes Mittel recht ist. Angestellte werden nach ihrem Arbeitgeber benannt, Steuern sind verboten, selbst Polizei und amerikanische Waffenlobby sind längst privatisiert und korrupt. Die freie Marktwirtschaft kennt keine Grenzen oder Skrupel, und so ist es kein Wunder, als zwei Marketingangestellte von Nike die Idee zu einer gnadenlosen Promotionaktion haben. Um die Street Credibility eines neuen 2.500 Dollar teuren Turnschuhs zusteigern, wollen sie bei dessen Markteinführung 10 Teenager erschießen lassen. Da sie die Morde nicht selbst begehen wollen, ködern sie Hack Nike, einen kleinen, leichtgläubigen Vertreibsangestellten. Als er kalte Füße bekommt, geht er zur Polizei, die ihm anbietet, den Job gegen Bezahlung für ihn auszuführen. Doch auch die Polizei will sich die Hände nicht selber schmutzig machen und sublizensiert den Auftrag an die amerikanische Waffenlobby. Ein sauberes Lizenzgeschäft, wäre da nicht Agentin Jennifer Gouvernment, die dem Konsumwahn den rücken gekehrt hat und den Kampf gegen eine Welt aufnimmt, in der nur die Karriere zählt.





Ich schicke es gleich vorweg: Das Werk hat mich begeistert und ich kann es nur dringend als lektüre empfehlen. Auch wenn der Roman unter dem Siegel einer Satire vermarktet wird, kommt die Action nicht zu kurz. Die in der Zusammenfassung erwähnte Planung der Marketingstrategie des plötzlichen Kundentodes wird tatsächlich auch in die Tat umgesetzt, aber wir bekommen es auch mit schwer bewaffneten Milizen und Polizeieinheiten zu tun, die ihre Einsatzwagen mit uafmontierten MGs a la Death Race aufgemotzt haben. Auftragsmorde, Intrigen, Hinterhalte und bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Burger King und McDonald's gehören in den Handlungsablauf.




Als Satire kommt die Lektüre bissig, böse und absolut fies rüber. Eine Abrechnung mitdem Globalisierungs- und Wirtschaftsgebaren hauptsächlich der USA allererster Güte. Die Welt ist unterteilt in US-Wirtschaftszonen oder deren Gegner (z. B. EU oder China). Gesamtamerika bis Feuerland sowie Australien, Russland gehören gemeinsam mit Großbritannien und Japan zum US-amerikanischen Wirtschaftsreich, das natürlich von den USA verwaltet wird und "regiert" wird. Der Autor erwähnt real existierende Firmen namentlich und in einem Vorwort erklärt er warum und distanziert sich gleichzeitig davon, dass er diesen Firmen jegliche im Buch vorkommenden Aktivitäten im wwahren Leben unterstellen möchte, damit ihm die Firmenanwälte nicht mit einer klagewelle wie in den USA (HEUTE) üblich. Ansonsten hat er die bisherigen Auswüchse der Konzerne und ihrer Strategien sowie deren Werbemaßnahmen weiter geführt und überspitzt, wie die groteske Namensgebung der Bevölkerung, da die arbeitende Masse Nachnamen den Firmennamen ihres jeweiligen Arbeitgebers tragen muss wie z.B. Harry Arcor oder Shane McDonald's (Sorry, Shane!!!). Arbeitslose sind auch Nachnamenslos. Zudem entlarvt er die geistig flachen Werbemaßnahmen der US-Konsumankurbelungsindustrie, die wir ja weltweit und auch in Deutschland nur zu gerne übernehmen (siehe Saturn) als Volksverdummung ebenso wie das wenig soziale Verhalten und die Egoismen, die sich durch die immer weitere Privatisierung zum Zwecke der Gewinnmaximierung ergeben (Premiumstraßen, die nur Reiche befahren können, gesponsorte Schulen wie die Legoschule usw.).




So ist es denn auch zu erklären, dass in den US-Gebieten die Polizei privatisiert ist und statt für Recht und Ordnung zu sorgen eher ihr eigenes, gewinnbringendes Süppchen kocht. Strafverfolgung gibt es nur noch gegen Bares von den Opfern, wer nicht zahlen kann, hat dann eben Pech gehabt. Auf diese Art bekommt dann die NRA (National Rifle Association) den Mordauftag zugeschustert und daraus ergibt sich dann das Dilemma für Nike. Sämtliche Mitwisser der innovativen Werbekampagne müssen beseitigt werden, während Jennifer Government, die für eine geschwächte Regierung arbeitet, die fast alles in private Hände gegeben hat, den Tätern auf der Spur ist, weil die Eltern eines beim Attentat erschossenen Mädchens ihr Haus verkaufen, um die Ermittlungsarbeit zu finanzieren, da die Regierung nur Vorsorge trifft, dass keine Verbrechen geschehen, aber für die Strafverfolgung keine Mittel zur Verfügung stellt. Eine solche Praktik wird auch vom Gesundheitswesen gefördert. ein Krankenwagen fährt erst los, nachdem die Kreditkartennummer sowie die Liquidität des Kunden gepüft wurde. So kommt es, dass Jennifer Government bei ihrer Jagd nach den Verbrechern immer wieder in Shoot-outs gerät (Beispiel: die Polizei baut ein MG auf der Ladentheke des Burger King auf, um damit den gegenüberliegenden Konkurrenten McDonald's in Fetzen zu schießen. Ein herrliches Bild!!!), bei denen alle Mittel angewendet werden, die zur Verfügung stehen, sodass die Leser, die der Actionfraktion angehören, mehr als nur zufriedenstellend versorgt werden.



Nach AC/DC, Jimmy Barnes und Matthew Reilly ist Max Barry das nächste Highlight aus Down Under. Soderbergh und Clooney haben sich wohl mit gutem Grund schon die Filmrechte gesichert. Satire, Action, Thrill - alles drin. Und da ich noch nicht einmal alle starken Einfälle des Autors hier auflisten konnte - unbedingt lesen!!!!

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