Freitag, 12. März 2010
Buchreview "Glühender Stahl"
Richard Morgan. Für die meisten ist Ringil ein gefeierter Held und der beste Schwertkämpfer der Tieflande. Für alle, die ihn etwas näher kennen, ist Ringil lediglich ein heruntergekommener Haudegen, der in einem Provinznest seine Zeit mit Schaukämpfen und halbherzigen Affären totschlägt. Als eines Tages seine Mutter, die Herrin des Klans, in der Tür steht, wird Ringil jäh aus seiner Tristesse gerissen: Er soll eine entfernte Kusine wiederfinden, die in die Sklaverei verkauft wurde. Doch Ringil muss schon bald erkennen, dass seine Kusine nicht nur in einer größeren Gefahr schwebt, als alle bisher glaubten - sondern dass diese Gefahr die gesamte Menschheit bedroht. Im Verborgenen sind die Dwenda, uralte, gottgleiche Wesen, wieder erwacht, und sie wollen die Herrschaft über die Menschen erneut an sich reißen. Ringils einzige Verbündete im Kampf gegen die Dwenda sind seine ehemaligen Kampfgefährten: Archeth, Tochter eines längst verschollenen Volkes, und Egar, Barbarenhäuptling und Drachentöter. Denn so viel steht für Ringil fest - die Rettung der Menschheit wird eine blutige Angelegenheit.
Nachdem ich die erhabene Überlegenheit des legendären Shane mit langweiligen Trailern so gut wie eingeschläfert habe, kann ich mich wieder als Laienpoet der unteren Ebene versuchen. Dafür bin ich Richard Morgan in das Genre der Fantasy gefolgt, der ich bis auf einige Exemplare von Conan in früheren Jahren bis dato nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt habe und demzufolge wirklich als Laie dastehe. In seinem Roman geht es in der Hauptsache um Ringil, einen Kämpfer aus gutem Hause mit schlechten Angewohnheiten. Seine Hobbys bestehen aus kiffen, saufen, killen und Schwänzen hinterherjagen, einfach ein schwuler Tunichtgut, der zum Widerwillen seiner Herkunft zu seinen Lastern steht. Eingeführt werden die Protagonisten mit kleinen Scharmützeln gegen Grabfresser oder Guhls, die sie unabhängig voneinander auszufechten haben. Während Egar, der Drachentöter als alternder Barbar mit Sinn für Gerechtigkeit geschildert wird, ist Archeth doch eher eine streitlustige Xanthippe. Drei Personen, drei Schicksale, die im Laufe der Geschichte zusammengeführt werden. Während Ringil sich auf die Suche nach seiner Kusine begibt, wird dem Leser die Welt, in der die Helden leben, vorgestellt und man kann sich nicht davor schützen, dass Erinnerungen an Intrigen im alten Rom oder am französischen Hof wach werden, wenn seine Eltern oder Lordobere zu verhindern versuchen, dass er die Aufgabe übernimmt. Nach und nach bewegen sich die Hauptfiguren auf ihrem jeweiligen Weg immer näher aufeinander zu und man stellt fest, dass es bis dahin eigentlich keine großen Schlachtengetümmel gibt. Kleinere Kämpfe gegen vereinzelte Gegner ja, mehr aber auch nicht. So mündet das Ganze denn in einer endgültigen Metzelei zur Entscheidung über die Herrschaft der Welt zum Ende des Romans hin.
Langweilig wird es trotz des geschilderten Ablaufes und 560 Seiten nie, da hier eine völlig andere Geschichte erzählt wird, als man sie (zumindest für mich aus Filmen) bisher kennt. Kein strahlender Held ohne Makel, sondern Typen mit Fehlern und Vorliebe für's Zudröhnen. Querköpfe, deren Lebensryhthmus man verfolgen kann, bis sie in die Schlacht ziehen. Eine unkonventionelle Lektüre fern aller Fantasy- und Barbarenklischees, keine Typen mit der Schablone skizziert, dafür einige drastische Sprachgebilde, in denen das F... Wort Hochkonjunktur hat und Morgan scheint Gefallen daran zu finden, in seinem neuesten Buch die Grenzen des guten Geschmacks des öfteren zu überschreiten (wobei dies jeder für sich selbst beurteilen muss) und zu provozieren. Sexuelle Ausschweifungen, Spaß am Töten, Rauschzustände, abgetrennte Körperteile , reichlich Blutvergießen gegen Ende und zerschmetterte Knochen wechseln sich mit einer bedrückenden Fantasywelt ab, die durchaus Parallelen zu moderneren Welten erkennen lässt. Korruption und Günstlingswirtschaft durchziehen auch diese Zivilisation. Ein überzeugender Roman - wobei sich hier aber die Meinungen voneinander entfernen werden. Was für mich eine wohltuende Abwechslung im allgemeinen Heldeneinerlei ist, könnte für andere Leser eher abstoßend wirken. Insgesamt ist er jedenfalls gut geschrieben, hält den Leser bei Laune und langweilt nie.
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