Montag, 13. Juni 2011

"Sinners And Saints" Review

Melde mich kurz aus dem Urlaub, da ich die Möglickeit hatte einen der für mich heiß erwartetsten Filme zu sehen. Seit 2008 habe ich immer wieder kurze Infos gebracht und erstaunlicherweise gibt es noch immer keinen VÖ Termin in den USA für den Streifen. Bei uns soll er wohl nun endlich im Oktober erscheinen. Man kann es nur hoffen.
2004 drehte William Kaufmann, den mit einem minimal Budget von knapp über 100 000 $ ausgestatten und in Deutschland so gut wie unbekannten Streifen, „The Prodigy“ und erntete so in Amerika und Japan einige Aufmerksamkeit. Der Film wurde dort schnell als Geheimtipp gehandelt, was vor allem an den zwei großen Actionszenen lag, die für das Budget nicht nur sehr gut inszeniert waren, sondern durch den harten Realismus überraschten. Eher durch Zufall stolperte ich damals über „The Prodigy“ und wurde sehr positiv überrascht, auch wenn es einige Schwächen wie Auflösung und Lauflänge gab (auch wenn zumindest dieser Fehler in der amerikanischen Version reguliert wurde, denn die läuft kürzer als die Deutsche).


Deswegen begann ich William Kaufmann im Auge zu behalten und 2008 wurden dann erste Informationen zu seinem nächsten Film bekannt. Ab da begleitete ich auf meinem Blog die Entstehung von „Sinners and Saints“ und wurde immer zuversichtlicher nachdem die Besetzung immer größer und bekannter wurde. Anfangs wurde Martial Arts Legende Bas Rutten als Hauptbösewicht gehandelt, doch nach und nach kamen andere Darsteller hinzu und einige Rollen änderten sich noch. Im Endprodukt sieht man nun neben Bas Rutten, in einer kleineren Rolle, auch Costas Mandylor, seinen Bruder Louis, Jürgen Prochnow, Method Man, Kim Coats, Jolene Black, Kevin Phillips, Tom Berenger und Sean Patrick Flanery. Auch hat Kaufmann einige Leute (wie Holt Boggs oder Matt Beckham) aus seinem Vorgänger kleine Rollen besorgt. Einzig der Hauptdarsteller Johnny Strong stand von Beginn an fest. Der Musiker (Sänger der in Deutschland leider nie veröffentlichten Rock-Band „Operator“) und Schauspieler („Black Hawk Down“, „Get Carter“, The Fast and the Furious“) spielt hier seine erste Hauptrolle und etabliert sich als cooler Actionstar der prädestiniert zu sein scheint, den harten Anti-Helden zu spielen.


Leider hat „Sinners and Saints“, das nehme ich schon einmal Vorweg, eine ähnliche Schwäche zu bieten welche „The Prodigy“ auch schon offenbarte. Eine Story die eigentlich ziemlich gut erzählt wird, aber bei der Auflösung irgendwie verpufft. Auch hier entwickelt die Inszenierung ein starkes Interesse an der Geschichte, hält dabei seinen Betrachter bei der Stange, da man wissen will warum das alles passiert, um dann letztendlich irgendwie eine 08/15 Lösung zu bieten. Da wäre tatsächlich mehr drin gewesen. Zum Glück schmälert das für mich am positiven Gesamteindruck kaum etwas, was aber sicherlich auch anders gesehen werden kann.

Dabei macht der komplett unabhängig produzierte Film, fast alles richtig. Im Mittelpunkt steht Hard-Boiled Polizist mit Dirty Harry Attitüde, Sean Riley (Johnny Strong, der hier natürlich auch für die Musik zuständig war) der nach dem Tod seines Kindes und der darauffolgenden Trennung seiner Frau, immer weiter vom eigentlichen Weg des Polizisten abkommt. Da wird auch mal selbst entschieden ob ein Gangster stirbt oder nicht und so sitzt ihm immer wieder die Dienstaufsichtsbehörde, wegen Polizeigewalt im Nacken. In dieser Phase wird er von der Mordkommission um Hilfe gebeten um bei der Auflösung einer brutalen Mordserie zu helfen. Dabei muss er einen aufstrebenden Polizisten unterstützen (Kevin Phillips), der nichts mit den Methoden Rileys am Hut hat. Trotz allem finden sie schnell heraus dass Riley selbst mit dem Fall zu tun hat, denn sein bester Freund ist tief darin verwickelt und so nimmt der Fall einen blutigen Verlauf…


„Sinners and Saints“ kommt wunderbar altmodisch daher. Sowohl von der straight erzählten Geschichte ohne Schnörkel oder überflüssigen Humor(es gibt aber eine kleine nette „The Boondock Saints“ Anspielung mit Flanery), bis zu den Figuren die direkt aus den Achtzigern stammen könnten, über die Top Inszenierung die mich oft an Filme wie z.B. „Leben und Sterben in L.A.“ oder „Im Jahr des Drachen“ erinnerte. William Kaufmann inszeniert, trotz des nicht sehr hohen Budgets, auf den Punkt genau, Temporeich, ernst und interessant und kann sich dabei auf seine Darsteller verlassen; allen voran Johnny Strong. Er spielt den gebrochenen Helden mit einer coolen Härte ohne prollige Peinlichkeiten und einer Ausstrahlung die man seit einigen Jahren im Actionkino vermisst. Wenn nach diesem Film für den Mann keine ähnlichen Rollen herausspringen dann kann man den diversen Filmproduzenten nur den Mittelfinger zeigen.


Das gleiche kann man auch über William Kaufmann sagen, der das Talent hat einer DER kommenden Actionregisseure zu werden und meinen persönlichen Geschmack wieder getroffen hat. Er weiß nicht nur die Schauspieler zu führen, sondern hat das richtige Fingerspitzengefühl um eine Actionszene optimal einzufangen. Die Schießereien in diesem Film sind hart und realistisch (so wie die Waffen oder Holster)  und erinnern teilweise an John Frankenheimer, Walter Hill oder Michael Mann(noch ohne ganz diese Klasse zu erreichen). Ebenso gut eingefangen wurde ein kleines Handgemenge mit einem Messerkampf, der aber an dem aus „The Prodigy“ nicht herankommt. Auch das Timing ist immer passend. Die Actionszenen sind wohl platziert, durchaus von der härteren Sorte und meist von längerer Dauer. Da der Film sicherlich keinen Kinoeinsatz bekommen wird, kann man jetzt schon sagen das es dieses Jahr wohl nur wenige DTV (ich denke nicht einmal Kauffmans eigener Film „The Hit List“ mit Cuba Gooding Jr. und Cole Hauser) Actionfilme auch nur annähernd diese Qualität in den Actionszenen erreichen werden, auch wenn sich hier vielleicht der eine oder andere etwas mehr Abwechslung vom Ablauf der Ballereien wünschen würde . Dafür gibt es hier keine hecktischen Schnitte, kein Kameragewackel und nur ganz wenig CGI zur Unterstützung einiger kleiner Szenen. Für Freunde knackiger und handgemachter Action sollte dieser Film ein gefundenes Fressen sein.


Zum Glück findet man auch sonst wenig zu meckern. Die Optik ist Kino reif aber Rau, die Dialoge gehen für einen Actionfilm durchaus in Ordnung, die Hauptfiguren bekommen genügend Zeit und Hintergrund und die Darsteller machen durchweg einen vernünftigen Job. Auch wenn viele bekannte Gesichter nur kleinere Nebenrollen haben, werten sie das Produkt doch deutlich auf. Natürlich kann man dennoch einige Haare in der Suppe finden. Die Ermittlungen laufen vielleicht etwas zu glatt ab, einige Aktionen mögen nicht ganz nachvollziehbar sein und auch das Verhalten der einen oder anderen Figur ist nicht immer logisch. Aber man sollte nicht vergessen dass man es hier noch immer mit einem Actionthriller zu tun hat, bei dem man nicht immer alles auf die Goldwaage legen sollte.


Es ist traurig dass solch ein Independent-Film extreme Schwierigkeiten hat einen Verleih zu finden. Sonst erscheint jede Woche ein Haufen Mist und solche kleine Perlen bekommen meist nicht die Aufmerksamkeit die sie verdienen. Man kann nur hoffen dass bald ein US Start in greifbare Nähe rückt und dadurch die zwei Hauptpersonen die diesen Film tragen, nämlich Johnny Strong und Regisseur William Kaufmann, weitere gute Angebote bekommen. Und man kann die Daumen drücken, dass sich William Kaufmann nicht im DTV Sumpf verstrickt, denn mit seinem nächsten, bereits abgedrehten Film „The Hit List“ mit Cuba Gooding Jr. und der geplante „One in the Shell“, ebenfalls mit Cuba Gooding Jr. und evtl. Dolph Lundgren kann die Chance für größere Aufgaben schnell verspielt sein. Auch wenn diese durchaus gut werden könnten, aber man kennt Hollywood ja und inwiefern gute B-Regisseure dort Chancen bekommen weiß man auch.


Mit „Sinner and Saints“ liegt jedenfalls der bisher beste DTV Actionthriller dieses Jahres vor, der zwischenzeitlich auch für Kinoqualität sorgt und ich Freunde harter Polizeithriller, bis auf kleine Mängel, ohne mit der Wimper zu Zucken empfehlen kann. 8/10

 

3 Kommentare:

Blade Runner hat gesagt…

Jup, ich fand den auch sehr geil, auch wenn mich nur noch selten in diese Gefilde verirre. Kaum zu glauben, dass Seagal den Hauptdarsteller vor etlichen Jahren, als er noch ein Milchbubi war, durch eine Scheibe geschubst hat. *gg* Der Trailer enthält etwas Stock Footage, das so nicht im Film zu sehen ist, das Resultat ist aber echt gut. Insbesondere die wuchtigen Actionszenen rocken und Johnny Strong im Eastwood-Modus gefällt auch extremst.

Allerdings sehr enttäuschend, dass dieser Blog kein Wort über Isaac Florentines "Sofia" verliert ;)

Gruß
Blade Runner

Anonym hat gesagt…

Der Trailer zu "Sofia" sieht auch eher ziemlich lahm aus und scheint optisch wieder ein Rückschritt zu sein...da sieht "Ninja" meiner Meinung nach deutlich besser aus.

Shane Schofield hat gesagt…

Hey Blade, hoffe dir geht es gut.

Wollte den SOFIA Trailer vor ein paar Wochen mal veröffentlichen, hab ich aber irgendwie vergessen.
Mach ich nach dem Urlaub. Schauspieltechnisch für Isaac sicherlich ein Schritt nach vorne, aber hoffentlich nur eine Ausnahme:)