Samstag, 21. November 2015

Buchrevierw "Kalter Schuss ins Herz" W. Stroby

Wallace Stroby. Crissa Stone ist jung, attraktiv und ein knallharter Profi. Ihr Geld macht sie mit Raubzügen. Crissa bekommt einen Job angeboten, bei dem sie mit zwei Komplizen eine Pokerrunde überfallen soll. Eine leichte Nummer, wenig Aufwand, sehr viel Geld. Der Auftrag läuft aus dem Ruder: Plötzlich fällt ein Schuss und einer der Pokerspieler wird getötet. Als sich herausstellt, dass der Tote der Schwiegersohn eines Gangster­bosses ist, wird die Lage für Crissa gefährlich. Der Boss engagiert Eddie den Heiligen, einen skrupellosen Verbrecher und eiskalten Killer, um den Ermordeten zu rächen. Crissa taucht unter, aber Eddie hat sie in der Hand. Er weiß, für wen Crissa ihr Leben riskieren würde. Sie weiß, es gibt nur eine Lösung.

Crissa Stone hat gerade erst mit Komplizen einen Coup durchgezogen, der nicht optimal verlief. Die Höhe der Beute hat nicht einmal im Ansatz das ergeben, von dem zu Beginn gesprochen wurde. Kaum zu Hause wird die Meisterdiebin von ihrem Kontaktmann zu einer vertraulichen Unterredung gebeten und erfährt, dass ein neuer Job in Aussicht ist. Da sie das Geld auf jeden Fall braucht, gerade nach dem letzten Flop, hört sie sich die Sache an. In Florida soll bei einem illegalen Pokerspiel ein siebenstelliger Betrag auf den Tisch kommen und das wäre schon mal eine Hausnummer. Sie soll sich mit ihren Partnern an einem abgelegenen Ort treffen. Sie ist erstaunt, dass zusammen nur zu dritt an die Sache herangehen werden, hat aber zumindest mit den zwei Kollegen schon mal gearbeitet und kennt sie als zuverlässig, Stimmer ebenso wie Chance. Während das Trio also den Coup vorbereitet, wird Eddie, der Heilige, von seinem ehemaligen Kompagnon vor dem Knast abgeholt, in dem Eddie einige Jahre sein zu Hause hatte. Der junge Kerl scheint immer noch auf Droge zu sein, was Eddie ihm austreiben will, da er einen Komplizen braucht, der seine Sinne beisammen hat. Doch zuerst will Eddie bei einem früheren Auftraggeber vorbeischauen, der das Geld aus dem letzten Coup, für den Eddie auch eingesessen hatte, für ihn anlegen sollte. Wie das mit der Gier halt mal so ist, hat der Typ nicht so ganz koscher gearbeitet und als Eddie und der junge Terry dann wieder gehen, bleibt eine Leiche zurück. Danach kommen sie zu Terrys Unterkunft, in der Eddie erst einmal auf seine Art für Ordnung sorgt, bevor es weitergeht zu Tino, einem der Bosse für die Eddie früher gearbeitet hatte. Unterdessen startet in Florida der Raid und alles sieht gut aus, auch wenn das Geld gerade mal die Hälfte des ausbaldowerten Betrages ausmacht. Die Spieler und Kartengeber sind verhältnismäßig ruhig und vernpünftig und riskieren nicht ihr Leben für schnödes Geld. Doch als sich Chance und Stone auf den Weg nach draußen begeben, fällt plötzlich ein Schuss und einer der Spieler ist dann doch tot. Stimmer hat ihn umgelegt, weil er nach einer Waffe gegriffen habe. Und das ist der Startschuss für ein Dilemma größeren Ausmaßes, in das Crissa Stone nun gerät. Der Tote ist zwar nicht mehr am Schnaufen, aberr deswegen immer noch der Schwiegersohn von Tino. Und weil der gerade mit Eddie konferiert, als die Nachricht von der Ermordung seines Schwiegersohnes eintrifft, beauftragt er den gleich damit, die Sache in seinem Sinne zu regeln. Es geht schließlich um die Familie. Und Eddie hat genug Erfahrung und Ansätze, um Stone und ihre Komplizen in große Schwierigkeiten zu bringen. Der Kampf ums Überleben startet für Crissa und Co. jetzt!!

Kurz gesagt - DIE Hardboiled-Überraschung des Jahres und nach einigen Festas und Luzifers sowie meinem Action-Allheilmittel Martin Kay zu einem meiner Lieblingsbücher 2015 aufgestiegen (die Amerikaner, die lesen können, durften das schon 2011 genießen, so sie das Geld für ein Buch ausgegeben haben). Crissa Stone ist wie Parker (Westlake/Stark) oder Wyatt (Disher) ein Profi im unehrlichen Geschäft. Sie agiert kühl, berechnend und mit ausgeklügelten Plänen, hält sich privat bedeckt und geht kaum eine Beziehung ein, die etwas wie Dauer beinhaltet wie sie der zugelaufenen Katze erklärt: Es war nett, solange es dauerte, aber jetzt musst du gehen. Einzig ihr Mentor und Lover Wayne sowie ihre Tochter Maddie bedeuten ihr etwas nur für die Beiden arbeitet sie überhaupt. Maddies Erziehung zu finanfzieren, während diese bei Crissas Cousine untergekommen ist und diese auch für ihre Mom hält und Wayne auf Bewährung aus dem Knast zu holen, sind ihre Motivation. Beides nimmt viel Kohle in Anspruch und gerade der Anwalt in Texas, wo Wayne einsitzt, kassiert kräftig. Stone ist eine Diebin mit Herz, aber nicht zuviel. Das Wenige wird nur an ihre Lieben vergeben, andere sollen ruhig sehen, wie sie zurecht kommen. Wallace Stroby lässt auch eine menschliche Seite bei seinen Verbrechern erkennen, ist aber wie seine Vorbilder äußerst sparsam im Stil und konzentriert sich absolut auf das Nötigste. Stone ist eine Frau, die es den Kerlen nicht zeigen muss, wie tough sie ist. Sie ist sozusagen eine "Kollegin", die ihren Job ebenso verrichtet wie die Kerle. Punkt, aus, Ende. Keine Sperenzchen, wie man sie in anderen Werken so oft liest. Die Geschichte ist straff erzählt, in knappen Dialogen und nimmt mit Fortlauf der Story auch an einer gewissen Härte und Eiseskälte zu. Das Finale hat es in sich. Stroby kommt direkt auf den Punkt und leistet sich keine "schwaflerischen" Mätzchen, die seinen ersten Roman um Crissa Stone auch nur ansatzweise ausbremsen könnten. Und Eddie? Der ist dann so etwas wie der Gegenentwurf zur Protagonistin. Wo sie cool und ohne Mätzchen oder übertriebene Gewaltanwendung ihr Ding durchzieht, glaubt der wohl, dass ihm die Menschheit für seinen Knastaufenthalt etwas schuldet und erfreut sich an seiner Killertour durch das Land und seinem Spaß am Töten. Und doch scheint auch in ihm ein kleiner Rest Menschlichkeit hin und wieder aufzuflackern. Er ist nicht nur böse und abgrundtief schlecht, wie man später bei Terry feststellen kann. So wird "Kalter Schuss ins Herz" zu einem perfekten Hardboiled-Thriller mit durchaus differenzierten und gut gezeichneten Charakteren, die auch etwas Emotion (nicht zuviel allerdings) neben der Kälte, mit der sie ihre Verbrechen ausführen, zeigen können und wie Stone auch so etwas wie Ganovenehre haben. Eddie verfällt in seinen Blutrausch, dem sich Stone gegenüber sieht und sich selbst nur mit einer Erfahtrung retten kann, die sie niemals machen wollte. Der Autor geht hier kurz und schmerzlos seinen schnellen Weg, steigert die Spannung in einer Story, die man aus den Vorbildern durchaus schon kennt, immer weiter und hetzt den Leser zu einem klassischen Showdown, der dann auf einige Erkenntnisse folgt, die den Leser zwar nicht so wirklich, dafür aber die Protagonistin überraschen. Es werden zumindest schon mal ein oder zwei Haken geschlagen. Schnell, kritisch (New York, Gier allgemein und auch die Wirtschaftskrise erhalten etwas "Aufmerksamkeit" in Nebensätzen), kühl und ausgeklügelt. Um zum Anfang meines Fazits zurückzukommen: Hardboiled at its best. Und es gibt noch eine Steigerung, denn von Crissa Stone gibt es bis dato in den USA noch drei weitere Abenteuer, die der Pendragon-Verlag hoffentlich auch in deutscher Übersetzung bringt. Ich fordere den Verlag geradezu auf, mit der Veröffentlichung meinen Obulus einzukassieren. Ich will MEHR davon!!!! Wer Parker schreit, muss auch Stone sagen.

1 Kommentar:

Michael hat gesagt…

Uuuund ... auf die Wishlist. Klingt sehr vielversprechend, die Leseprobe war nochmal so gut.