Mittwoch, 12. April 2017

Buchreview "Der Zar" T. Bell

Ted Bell. Irgendwo in Russland gibt es einen Mann - einen mächtigen Mann -, dessen Namen niemand kennt. Über seine Existenz wird lediglich spekuliert. Obwohl er unsichtbar zu sein scheint, zieht er dennoch seine Fäden - und er zieht sie gnadenlos. Plötzlich stellt Russland eine weitaus unheilvollere Bedrohung dar, als es selbst die hartgesottenen Veteranen des Kalten Krieges jemals für möglich gehalten hätten.

Alex Hawke, im Dienst der britischen Krone, erholt sich gerade auf den Bermudas von einem schwierigen Einsatz, als ihm am Strand eine unglaulich schöne Russin seinen "Privatstrand" streitig macht. Doch ihr wundervolles Äußeres macht diesen Nachteil locker wett. Dass er später von seinen Freunden und Vorgesetzten in ein neues Abenteuer manövriert wird, ahnt er da noch nicht. Russland hat sich nach den Umwälzungen der letzten Jahre immer noch nicht von der Niederlage erholt. Nun steuert ein neuer Mann auf die Allmacht in dem Riesenreich zu. Er verbirgt sich hinter absoluter Geheimhaltung, setzt eine Marionette als neuen Präsidenten ein und bestraft Fehler seiner Leute knallhart. Russland will wieder groß werden, es mit den Amerikanern aufnehmen können und setzt dabei auf neue Waffen und alte Skrupellosigkeit. Und während in Russland die Umwälzungen fortschreiten, ist in den USA ein scheinbar verrückter Killer namens Happy unterwegs, der einen ganzen Ort einfach auslöscht. 

Gerade der Part mit der Ortschaft wirkt wie eine Prise Jon Land, als dieser noch wirklich Top-Thriller verfasste. Dazu gesellt sich dann die schon auf dem Buchrücken von James Patterson (Okay, nicht gerade einer, den ich bei einer Frage zur Kaufentscheidung wirklich ernst nehmen würde) Äußerung, dass Hawke der neue James Bond sei (passt) und Ted Bell der neue Clive Cussler (passt glücklicherweise nicht). Der Protagonist wirkt tatsächlich wie ein Mix aus Eure Lordschaft Roger Moore aus der TV-Serie "Die 2" und einer etwas raueren Ausgabe des James Bond. Eine Überfigur gegen einen Überbösewicht mit neuer alles bedrohender Waffe. Unrealistisch? Wohl, aber die vielen Fans von James Bond können ja nicht irren. Von dem James Bond des alten Schlages, bevor er von der political correctness kastriert wurde. Und so einige Handlungsstränge sind nicht so weit hergeholt, wie man glauben mag. Okay, Putins Geschichte ist etwas vogelwild, einen Schmunzler konnte ich mir nicht verkneifen, aber dass die Russen ihre Niederlage im Kalten Krieg nicht verdaut haben, ist doch nahe an der Realität. Das Buch wurde im Original 2008 geschrieben und man kann sich ja mal überlegen, was erst vor kurzer Zeit in der Ukraine passierte. Davor war Georgien. Und davor waren etliche russische Staatenlenker unfähig, im Land Ordnung zu schaffen, die Kriminellen übernahmen das Zepter. Und die Amis hielten die NATO und ihre Bündnispartner dazu an, der russischen Volksseele auf der Nase herumzutanzen, sie zu brüskieren, ihnen immer wieder ihre Überlegenheit unter die Nase zu reiben, sich jedes osteuropäische Land nach und nach unter den Nagel zu reißen und sich Stück für Stück dem russischen Reich zu nähern. In einer Form der Überheblichkeit, die es auch auf ganz normalen Ebenen des Zusammenlebens gibt - sei es in Totenkultforen oder Filmforen, immer gibt es welche, die meinen, sie wären besser als die Anderen und könnten sie an den Rand drängen, sich dann aber wundern, wenn sich welche wehren und sie dann alleine dastehen. Politik, Konzernführer, User - jeder hat solche Großmannssüchtigen aufzuweisen. Also kein Wunder, dass ein Putin in der realen Welt trotz gewisser Rückfälle in alte Muster so einen Zulauf hat - und ebenso kein Wunder, dass man aus so einer Situation einen blendenden Spionage-/Agententhriller der alten Schule basteln kann. Seit der Ostblock niedergerungen wurde, gab es fast keine derartigen Agentenstories mehr, man widmete sich mehr dem Kampf gegen den Terror oder ließ Profiler, Serienkiller oder Psychofuzzis auf die Leserwelt los. Sehr schnell wurden auch die Actionromane um den Terrorkampf aussortiert, um blasse Professoren Rätsel lösen zu lassen. Jetzt sind sie wieder da - die Actioner und die Spyhunter. Verlagen wie Luzifer und Festa sei Dank. Noch ein Wort zum veröffentlichenden Verlag Luzifer. An einigen Stellen im Buch merkt man, dass auf vorherige Ereignisse angespielt wird. Selbstverständlich gestöbert und festgestellt, dass es tatsächlich frühere Abenteuer von Hawke gab/gibt. Nicht das erste Mal, dass ein Verlag mitten in einer Reihe beginnt. Doch das erste Mal, dass eine Anfrag von mir auch wirklich beantwortet wurde. Nicht mit irgendwelchen bedeutungslosen Worthülsen oder Textbausteinen zum Abwimmeln von Kundenanfragen. Hier wurde ein klare Antwort formuliert, die man dann auch akzeptieren kann und die aus Verlegersicht natürlich Sinn macht. Man sucht sich einfach den besten Roman - oder den, der sich bisher am besten verkauft hat - raus und hofft, dass dies in Deutschland ebenfalls so sein wird. 640 Seiten um Agenten, Atombomben, Gefängnisinseln und das gute, alte Pfählen. 8/10 sind da schon drin. Falls das nicht reicht, gibt es noch nen Extrapunkt für die Covergestaltung. Kann er halt, der Herr Schubert.  Gelle, Michael?                        

2 Kommentare:

Michael hat gesagt…

Wundert mich, dass Du mich bei dem erkannt hast - nachdem Du bei Deiner letzten Rezi so derbe daneben lagst! ;-) ... Spass beiseite, wie immer Danke für die Blumen, und ja, wir mögen den Schmöker auch gern!

Anonym hat gesagt…

Letztes Mal hatte ich ja auch meine Brille auf- und schon gings schief.

Das Buch ist feinster Bond-Stoff - und zwar besser als das was diverse Vertragsautoren wie J. Deaver dem Helden schon angetan haben.

Gruß
Harry