Montag, 10. Mai 2010

Buchreview "Totes Meer"

Brian Keene. Die Menschheit steht am Abgrund: Ein tückischer Virus, zunächst nur übertragen won Ratten, verwandelt die Menschen in lebende Tote, die nur ein Ziel kennen: frisches Menschenfleisch. Wer von diesen Zombies gebissen wird oder mit ihren Körpersekreten in Berührung kommt, mutiert ebenfalls innerhalb kürzester Zeit zu einem blutgierigen Monster. Auch die Stadt Baltimore gleicht einem Schlachtfeld: Es wird geplündert, Häuser niedergebrannt, Leichen verstopfen die Straßen, Verwesungsgestank hängt über der Stadt. Der Fabrikarbeiter Lamar, der kurz zuvor seinen Job verloren hat, und ein Häuflein Überlebender machen sich auf den Weg zum Hafen, in der Hoffnung auf dem Meer in Sicherheit zu sein. Doch schon bald müssen Lamar und seine Mitstreiter erkennen, dass die tödliche Gefahr auch auf dem Ozean lauert. Baltimore wird überrannt. Von Zombies. Erstmalig aufgetreten bei Ratten in New York, die aus den Kanälen kamen und alles angefallen haben, das sich bewegt. Die Gebissenen wurden infiziert und waren alsbald selbst als Untote Fleischfresser unterwegs. Blitzartig breitet sich das Grauen über das Ganze Land aus. Regierung und Armee stehen der Sache völlig hilflos gegenüber, die Bevölkerung bleibt sich selbst überlassen. In einem Zimmer in seiner Mietskaserne hat sichLamar verschanzt - schwarz, schwul und absolut angewirdert von den üblichen Klischees, mit denen seine Leute verbunden werden. Er hatte einen guten Job, hasste Hip Hop oder Rap und die daraus entstehende Kultur und hielt sich für einen ganz normalen Menschen ohne irgendwelche Heldenanwandlungen, da er noch nie eine Waffe in der Hand hatte, geschweige denn jemals Gewalt an wenden musste. Kein Kämpfer also. Als Baltimore von den Untoten eingenommen wird, bricht ein Brand aus und er muss flüchten. Dabei stößt er erst auf die beiden Kids Tasha und Malik sowie später noch auf Mitch, einen Biker, der sich aufs Schießen und Kämpfen versteht. Gerade auf diesem ersten Teil der Flucht geht es denn auch rau zur Sache. Da werden Köpfe abgehauen oder zermatscht, Körper zerteilt und noch nicht infizierte Menschen gefressen, dass es an den alten Romero erinnert. Am Hafen schaffen sie es auf ein Schiff, das mit 20 Personen an Bord die Stadt verlassen kann. Nach der Vorstellungsphase plant man die ersten Unternehmungen zur Nahrungsmittel- und Spritbeschaffung und muss sich mit den üblichen Mechanismen der menschlichen Natur auseinandersetzen. Da ist der Aufmerksamkeitsjunkie, der die Anerkennung braucht und den Macho raushängen lässt ebenso vorhanden wie der Rassist und Schwulenhasser. Trotzdem rauft man sich augenscheinlich schnell zusammen und startet mit dem Beiboot eine Expedition zum Festland, zwecks Vorratsbeschaffung. Klar, das dies nicht ohne Opfer abgeht und man kommt nur mit einem geringen Anteil an Lebensmitteln und dem Verlust zweier Leute zurück an Bord. Auf dem Meer ist man einigermaßen sicher, da bisher nur Hunde Katzen, Ratten oder Tiger angesteckt wurden, während Eichhörnchen, Vögel und Fische immun bleiben. Also kann man die Fische als Nahrung nutzen. Bis eines Tages ein Thunfisch einen der Angler beißt und die Seuche ist an Bord. Jetzt ist man mit den Zombies auf einem kleinen Arreal, von dem es kein Entkommen gibt. Ins Wasser geht nicht, weil es zum Land zu weit ist und die Fische eh ein Massaker untereinander veranstalten, das das Meer rot färbt. Was tun? Der Klappentext schürt eine hohe Erwartungshaltung, die das Buch keineswegs einlösen kann und der Vergleich mit Laymon, zu dessen Nachfolger sie Keene laut Aufkleber aufbauen wollen, ist auch nicht passend. Keiner hat Brian Keene bisher als schriftstellerischen Filigrantechniker beschimpft und das wäre auch zuviel des Guten. Schlicht und simpel, eher im Fast Food Schreibstil kommt das Buch daher. Das kann man nur schnell im Vorbeigehen konsumieren, wenn man sich vom Alltag ablenken will, ohne auch nur einen einzigen Gedanken zu verschwenden. Das ist fast so wie ein Comic zu lesen. Mehr Inhalt wird hier nicht geboten. Die Charaktere werden kaum skizziert, auftretende Spannungen innerhalb weniger Sätze beigelegt wie in einer Soap-Opera. Das Buch weist einige Härten auf, aber absolut keinen Überraschungseffekt wie man ihn hätte erwarten können. Dazu aber wieder einen religiösen Ansatz im Repertoire des Autors, wie man ihn schon aus "Der lange Weg nach Hause" kennt. Scheint eines seiner Lieblingsthemen zu sein. Ebenso wie das pessimistische Ende, das bisher in allen seinen Büchern Anwendung fand, die ich gelesen habe und "Totes Meer" ist sein bisher schwächstes. Für Horrorfans immer noch akzeptabel, solange sie nicht zu viel erhoffen. Ein Happen für zwischendurch - mehr nicht.

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