Mittwoch, 15. Mai 2013

Buchreview "Ein Schlag ins Herz"

Ilkka Remes. In Stockholm werden die hochrangigen Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz entführt und auf einen Atommüllfrachter gebracht. Als der Frachter die schwedische Küste verlässt, kommt ihm ein Schnellboot mit Umweltaktivisten entgegen., die auf der Ostsee gegen den Bau der russisch-deutschen Gaspipeline protestieren. Mit an Bord: Der finnische Geologe Patrik, ein Spezialist für Fragen der Endlagerung von Atommüll. Zu spät erkennt Patrik, dass die Protestaktion fingiert ist und einzig dem Zweck dient, ihn, den Experten für Kernmaterial, den Geiselnehmern auszuliefern. Doch damit nicht genug: Unter den Geiseln befindet sich die belgische Ärztin Sandrine, die, davon ist Patrik überzeugt, seine Freundin Beate auf dem Gewissen hat. Patrik und Sandrine geraten zwischen die Fronten der Geheimdienste und in einen Strudel von lebensgefährlichen Ereignissen.

Mit einem aufsehenerregenden Coup gegen ein Schiff, das bei der Verlegung der Pipeline aktiv ist, wollen sich die Umweltschützer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Die Aktion gelingt und die Gruppe, der sich Patrik angeschlossen hat, scheint zufrieden. Tage später wird die Bilderberg-Konferenz in Stockholm von bewaffneten Terroristen überfallen und es werden mehr als dreißig Geiseln benommen und mit dem Boot auf See gebracht. Nahezu zeitgleich muss Patrik mit seinen Verbündeten an einem Überfall auf einen Transporter mit einem Castor-Behälter teilnehmen. Das Schiff wird gekapert, die Besatzung festgesetzt. Und wider jegliche Absprachen muss Patrik feststellen, dass seine Kollegen andere Pläne in die Tat umsetzen. Dann kommt für ihn überraschend das Boot mit den Geiseln aus Stockholm und die beiden Gruppen vereinigen sich. Zu den Neuankömmlingen zählt auch Sandrine, die die Aktionen der Terroristen finanziert hat, aber ebenfalls nur in Teilaspekte der Pläne eingeweiht war. Jetzt beginnt hinter den Kulissen ein Hauen und Stechen der Geheimdienste und Politiker, die noch dazu mit der brisanten Lage in Estland beschäftigt sind, wo die russen fieberhaft daran arbeiten, die Baltikum-Länder wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Auch die Amerikaner schicken flugs eine Truppe Seals, die offiziell natürlich nur zur Beratung da sind, wie dereinst in Vietnam. Und sofort wollen die sowie die Gehiemdienstleute das Kommando übernehmen, da viele der Geiseln amerkanische Wirtschaftsbosse sind. Doch auch der am Bord gelagerte Atommüll macht ihnen Sorgen. Was haben die Gangster vor?  Warum wollen sie plöztlich nach Helsinki? Und wieso mischen sich die Russen auch noch ein? Hat es mit der geheimnisvollen Kapsel zu tun, die man ebenfalls an Bord des Frachters entdeckt hat?

Das Buch macht es dem Leser schwer, Sympathien für die Beteiligten zu entwickeln. Terroristen, Ökoaktivisten mit Hang zu zivilem Ungehorsam und leichter Gewaltanwendung, Politiker oder Geheimdienste. Alle haben nur sich selbst im Sinn und sind zumeist in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich. Zu Anfang kann man eigentlich nur den finnischen Polizisten etwas abgewinnen, die aber nicht im Zentrum der Handlung stehen. Und Ilkka Remes legt schnell den Finger in die Wunden der heutigen Demokratien. Politiker, die sich und ihr Land bzw. die Wähler verkaufen und belügen, um ein Prestigeprojekt mit einer anderen Nation durchzuboxen und dann noch bei der Firma einen sicheren und gutdotierten Job ergattern zu können. Die Atomlobby, die über die Daten der Sicherheit lügt. Geheimdienste, die alles und jeden opfern würden, um ihren Willen durchzusetzen. Weltmächte, die sich einen Dreck um die Souveränität von anderen Staaten oder gar Verbündeten scheren. Politische Umwälzungen und Großmachtsambitionen, die zu Kriegen führen könnten. Die Konturen oder Abgrenzungen von Gut und Böse, Schwarz oder Weiß, sind nicht mehr zu erkennen, wenn Illka Remes seinen exzellenten Politthriller mit unheimlichen Elan und ab der Mitte des Buches auch ordentlicher Action vorantreibt. Und damit der Leser auch nicht sofort erkennt, auf was die ganze Chose hinausläuft, hat das Buch mehr Wendungen als die Serpentinen hoch nach Alpe D'Huez. Überraschungen garantiert. Und man findet sich bald damit wieder, dass man doch für die eine oder andere Handlungsweise zumindest ein gewisses Verständnis aufbringen kann. Ich muss zugeben, dass ich Ilkka Remes bis jetzt nicht auf meinem Einkaufszettel hatte, aber mit diesem Werk um hochbrisante Themen und einer Menge Action hat der Autor ein absolutes Klassebuch abgeliefert und so werde ich ihn. Falls jemand nach frischem Lesestoff mit hoher Qualität sucht, findet er ihn bei dem finnischen Bestsellerautor. 

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