Donnerstag, 30. Juni 2016

Buchreview "Extreme Horror - Die Anthologie" (Hg. E. Lee + F. Festa)

Herausgeber Edward Lee und Frank Festa. Enttäuscht, weil das, was als Horror angeboten wird, dir nur ein müdes Gähnen entlockt? Dann brauchst du die Frischzellenkur des Extreme Horror. Edward Lee: "Ihr wollt Hardcore? Bekommt ihr. Blut und Gedärme? Sex, Gewalt und Folter? Könnt ihr im Übermaß haben, meine Freunde, persönlich überreicht von einem Zirkel der besten Extreme-Horrorautoren der Welt."

Als Autoren der verschiedenen Shorties tummeln sich hier Edward Lee, Shane McKenzie, Monica J. O'Rourke, Jack Ketchum, Kristopher Rufty, Graham Masterton, Lucy Taylor, Tim Miller oder auch einer meiner favorisierten Autoren von Festa im Horror- und Extrembereich - Wrath James White. Da wird über Folter und Vergewaltigung erzählt, MPS thematisiert, Familienzusammenführung mal anders unters lesende Volk gebracht und Edward Lee lässt seinen gewohtnen und oft geschätzten Backwoodekel vom Stapel. Es werden ungewöhnliche Sexualpraktiken zu einer noch ungewöhnlicheren Story verquickt und geile Typen in miese Fallen gelockt. Und da man seine Autoren-und Verlegerpappenheimer kennt, weiß man auch, dass dies die Art Lektüre ist, die sich die Klientel des Verlages wünscht.

Edward Lee gibt in seinem Vorwort zu bedenken, dass es ja der Leserwunsch ist, WIE er Unterhaltung für sich jeweils selbst definiert. Und dass er auch für sich bestimmt, was für ihn als Unterhaltung gilt. Das schlägt sich auch im Schreibstil nieder. Warum also meckern über kurze und abgehackte Sätze, Cliffhanger zu quasi jedem Abschnitt, wenn sie den Leser durch einen Actionparkour oder eine Ansammlung blutiger Ekelszenen jagen, dass er das Buch nicht aus der Hand legen kann. Gefällt der Kundschaft das Gebotene, hat der Autor alles richtig gemacht. Sollen sich die Herren Berufskritiker doch ins ........ Bein schießen. Auch Herr Frank Festa hat sich natürlich zu Wort gemeldet. Für Leute, die hin und wieder im Forum des Verlages blättern, nicht wirklich viel Neues, aber für andere oder Neuleser schon mal einen Blick wert. Aber einmal hat er sich getäuscht: 50 Millionen Elvis-Fans können sich sehr wohl irren. Der Nachklapp stammt von Inge Festa, die kurz und lapidar feststellt, dass Sauereien gefälligst auch für Frauen da sein sollen. Sind sie bei dem Verlag auf jeden Fall. Wieder sei ein Blick ins Forum angeraten. Über die ehemalige strikte Ablehnung dieses Verlages und seiner Ausrichtung durch so ziemlich alle, die im Verlagsmetier zu tun haben oder jene, die sich als Kritiker vom Hohen Ross solcher Art "Müll" überlegen fühlten oder Buchläden, die Angst hatten, ihre schnieke-pieke Laufkundschaft für dauerbeworbenen 08/15-Schmuh, der lieblos und überteuert in die Regale gepackt wurde, würden sich durch die Festa-Titel beschmutzt fühlen und dem Laden den Rücken kehren sowie fast schon Anti-Festa-Kampagnen aus allen Ecken sowie einer gewissen Stigmatisierung der Leserschaft des Verlags, hab ich ja schon mal rumgesülzt, also soll es das nun gewesen sein.  

Die Geschichten: Haben erwartungsgemäß Gewalt, Sex, Erniedrigung, Folter und Vergewaltigung gemeinsam. In den verschiedensten Spielarten werden Körperflüssigkeiten vergossen und/oder ausgetauscht. Hie und da gibt es tatsächlich einen kleinen niff gegen Ende der Story, aber insgesamt bleibt hier eine größere Überraschung aus, was ein bisschen schade ist. Aber die Anthologie enthält alles, nach dem es den Festea-Extrem-Leser gelüstet, die Autoren sind sich ihrer bisherigen Arbeiten treu geblieben und die beiden Neuen - Rufty und Taylor - haben sich da gut eingebracht, fallen nicht im Vergleich zu den eher etablierten Schreiberlingen des Schreckens ab. Was mir gefehlt hat, war zumindest EINE Hammerstory mit genialem (Okay, nicht zu genial, denn dann hätte ich ihn ja nicht erkannt) Twist am Ende, die für länger im Gedächtnis bleibt. Wenigstens hat Frau O'Rourke - von der ich das echt nicht erwartet hatte - einen netten Einfall gehabt. Aber es ist auch hin und wieder ein kleiner Touch Drama zu entdecken unter all dem Unflat der hier für die geneigte Leserschaft fabriziert wurde. Darüber hinaus ist die Wahl der Autoren gelungen, der Anhang mit den Lesermeinungen ein nettes Danke an die Leute, die Festa über Facebook oder das Forum folgen und wer hier kritische Anmerkungen sucht: die waren da absolut nicht gefragt worden. Also bitte nicht deswegen rummeckern von wegen einseitig. Festa-Bashing gibt es andernorts schon genug, wo die political correctness überhand genommen hat und das, was man als guten Geschmack zu empfinden hat, bestimmt wird. Allein durch ihre Käufe oder die Unterstützung in den sozialen Medien zeigen diese Menschen nicht nur ihre Treue zum Verlag, sondern auch, dass sie sich nicht von der Masse oder einer Regierung, die alle auf Linie -Regierungslinie natürlich - bringen will, in irgendeine Ecke schieben lassen, die sie nicht wollen. Unter den Käufern der Festa-Bücher sind mehr Individualisten als im Rest der Republik zusammen. Durch die meinungsmachende Gleichschaltung der anderen Verlage werden ja immer mehr Genres quasi durch konsequente Nichtveröffentlichung oder, falls doch mal eine Chance erhalten, massive Kürzungen aus den Regalen dirigiert, in denen sich eigentlich eine gewisse Vielfalt finden lassen sollte. Aus Vielfalt wurde regierungstreu aber schnell Einfalt. Um dem entgegenzuwirken braucht es Verlage wie Festa (und ein paar wenige andere), die nicht mehr massenkonforme und ausgegrenzte Formate übernehmen und Erfolge damit feiern. Und der Gesamteindruck der Anthologie ist gewohnt gut. Der Umschlag mit seiner Lederoptik, die Cover Art (Okay, hab da ein, zwei andere Favoriten, doch die sind anderweitig beschäftigt.) und bei dem neuen Papier hat man den Eindruck, Festa wolle in die Werbung gehen: Festa-Weiß gibt ein breites lächeln Preis. Die Stories sind schnell und flüssig zu lesen, mit all den Zutaten gewürzt, die sich die Leserschaft da wohl vorgestellt hat und zumeist ist der Unterhaltungswert hoch (Wobei ich jetzt nicht meine, dass die Werke so mies sind, dass man sich beim Lesen nebenbei lieber mit dem Partner unterhält, obwohl das sicher auch seinen Wert hat- aber nicht beim Festa-Lesen.), ABER irgendwie hat halt der letzte kleine Schritt zum "extrem stark" gefehlt. Vielleicht bin ich als Stammkäufer dieser Metzleien auch schon etwas übersättigt und erwarte einfach zuviel. Wer sich aber von meinen eigenen kleinen Kritikpunkten entfernt fühlt, darf hier gerne investieren. Die Anthologie beinhaltet natürlich auch Genreperlen und Edward Lee haut auch wieder die perversesten Ferkeleien seit was weiß ich wann raus. Anerkannte Autoren wie Ketchum und Masterton sind ebenfalls mit auffälligen Stories vertreten, die beweisen, dass man auch anders kann. Kurz: jede Geschichte ist eine Art Bewerbungsschreiben an den Käufer. Und keiner hat versagt. Also Freunde der Sonne äh des Genres, kaufen, schlicht und einfach kaufen. Die anderen können sich ja verschämt abwenden und Jojo Moyes ins blümchenverzierte Einkaufskörchen legen.                         

1 Kommentar:

Succubus hat gesagt…

Liegt hier auch bereits bei mir auf dem "ZU LESEN" Stapel. Klingt gut.