Sonntag, 10. Oktober 2010
Buchreview "Eden"
Tony Monchinski. Ganz Nordamerika ist von Zombies besetzt. Die wenigen Überlebenden Menschen haben sich in die hermetisch abgeriegelte Enklave eden zurückgezogen und versuchen dort ein normales Leben zu führen. Doch dann wird Harris, einer der Bewohner Edens, im Schlaf von einem Zombie angegriffen und gebissen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er sich ebenfalls in einen Untoten verwandeln und die Bewohner ins verderben reißen wird. Doch wie ist es dem Zombie gelungen in die Enklave einzudringen? Offenbar gibt es einen Verräter in den eigenen Reihen. Harris setzt alles daran, den Übeltäter zu finden, doch die Zeit arbeitet gegen ihn.
(Pseudoreales?) Vorwort. Einstieg. Brett!! Sofort geht es ans Eingemachte. Da werden Zombieschädel gespalten, in Fetzen geschossen, von den Körpern getrennt. Eingeweide fliegen durch die Gegend, Körperteile im Verwesungszustand bedecken den Boden, wobei Monchinski im Gegensatz zu den meisten anderen Autoren hier auch auf den Gestank der Viecher hinweist. Eden ist wie ein altes Western-Fort im Indianergebiet. Befestigt, von blutgierigen Feinden umzingelt. Und ein Seitentor stand offen, was den Angriff auf Harris erst möglich machte. Mit Flammenwerfern, Macheten, Motorsägen, Pistolen und Schnellfeuergewehren werden die lebenden Leichname, die eingedrungen sind, vernichtet und das Tor wieder geschlossen. In New York, der großspurig selbsternannten Hauptstadt der Welt, beginnt das grausame Dilemma wie mit den Russkies in "Die rote Flut", nur dass es hier eben die tote Flut ist und die Angreifer nicht mit Fallschirmen abgesprungen sind. Ohne Vorwarnung tauchen sie auf und verwüsten binnen kurzer Zeit die Innenstadt und breiten sich weiter aus. Selbst die Armee mit Panzern, Bombern und Giftgas kann sie nicht aufhalten, die einzigen Opfer bei den Abwehrmaßnahmen sind die noch nicht Infizierten. Danach bleiben nur noch einzelne, zu Befestigungsanlagen ausgebaute Widerstandnester der Menschen, in die sie sich zurückzogen, um zu überleben und den Ausgang oder das Ende der toten Invasion abzuwarten, einfach auszusitzen, in der Hoffnung, dass es bald ein Ende hat. Eden ist so eines und erinnert im Aufbau an die Enklave aus "The Ultimate Warrior" mit Yul Brynner. Und auch hier gibt es innerhalb der Festungsmauern Reibereien unter den Überlebenden, Despoten, die die Macht wollen und bedenkenlose Verräter, die um ihrer Rache willen, alle zu opfern bereit sind, was beinahe zur Katastrophe für die Bewohner von Eden führt, wie es schon bei der Nachbarenklave Jericho passiert ist. In einem steten Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit wird die Geschichte der Untoten und der Errichtung von Eden durch Monchinski geschildert. Wie ungläubig die Menschen den ersten Angriffen gegenüberstanden, die Regierung alles unter dem Tisch halten wollte und auf Zeit gespielt hat, ohne die wahre Bedrohung zu akzeptieren, wie in Pressekonferenzen standhaft eine ernste Gefahr mit Lügen heruntergespielt wurde. Ebenso wie sich die wenigen übrig gebliebenen Menschen mit ihrer Situation arrangiert und begriffen haben, dass sie eine der letzten Bastionen der Menschheit gegen die Untoten sind.
In Monchinskis "Eden" existieren die Fitness-Zombies (hier Sprinter genannt) aus dem "Dawn of the dead"-Remake in enger Gemeinschaft mit den Gehhilfen-Untoten (hier Schlurfer genannt) aus Romero-Zeiten, die sich nur langsam un unbeholfen vorwärts bewegen können, gemeinsam ist ihnen aber die Gier nach Menschenfleisch (im Gegensatz zu Brian Keene werden hier die Tiere nicht vom Virus befallen dienen aber als Ersatzhäppchen, wenn gerade keine Menschen fressbar in der Nähe sind). Der Autor liefert keine Erklärung für das Phänomen der lebenden Toten, TV-Diskussionen mit Spezialisten und sogenannten Experten (erinnernd an den Film "Zombie" - in Deutschland so betitlet - von George A. Romero) führen wie erwartet und auch im wahren Leben zu nichts (man denke nur an die ganzen Diskussionen nach einem vermeintlichen Amoklauf von Jugendlichen über das Thema gewaltverherrlichende Spiele und Filme, die im Endeffekt doch nur gehaltloses Gewäsch sind), er lässt die Schicksale einiger Charaktere (von denen aber auch viele aufgrund der Thematik ziemlich leblos wirken) offen und bietet zum Ende auch keine Lösung an. Er haut dem Leser "nur" einen echten Zombie-Splatter-Roman um die Ohren - auf die Augen -, wie es ihn lange nicht gab. Endzeit ist Essenszeit. Die ultimative Zombieapokalypse. Eine zerstörte Welt ohne Hoffnung. Sehr gefällig neben der ganzen Action, die sich aber auch von Beginn bis Ende durchzieht, ohne Atem zu holen, sind die vielen Filmzitate nicht nur aus dem Horrorbereich. Angenehmer, aber nicht allzu anspruchsvoller Schreibstil, Tempo, einige Spannung und etliche Härten machen das Buch zu einem Page-Turner, der selbstverständlich jeden sich ernst nehmenden Literaturkritiker auf die Palme bringen würde. Wundert mich eh, dass hier noch nicht nach Zensur oder neudeutsch Marktanpassung geplärrt wurde. Äußerst brutal und nicht wirklich höheren Weihen in Literatenkreisen genügend, aber für den geneigten Konsumenten wirklich packend und erfreulich, wird der Leser angesprochen, der sich aber durch die scheinbar willkürlichen Zeitsprünge durchaus konzentrieren muss, um nicht den Überblick über die Handlung zu verlieren. Obwohl also eine wirkliche chronologische Reihung fehlt, die sogenannte Zivilisation am Ende den Bach runtergeht, wurde die Geschichte um Eden eine äußerst unterhaltsame Lektüre für erwachsene Leser. Dass im Nachwort aus Tom Savini plötzlich im Druck Tom Savin wurde ist mal wieder ein Beweis, dass echte Wertarbeit für die Verlage nicht mehr aktuell ist. Wird schon keiner merken, dass wir nicht mehr auf Sprache achten. Korrekturlesen ist was Anderes. Lektor, was ist das? Hauptsache verkauft. Davon abgesehen ist das Buch für den Horror- und Zombiefan fast schon Pflichtlektüre. Klare Kauf- oder zumindest Leseempfehlung.
Falls hier jemand Fehler findet, kann er sie behalten. Finderlohn gibt es nicht.
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8 Kommentare:
"Falls hier jemand Fehler findet, kann er sie behalten. Finderlohn gibt es nicht."
DANKE Harry, den Lacher hab ich echt gebraucht!!
Grüsse
mark13
Und schon wieder ein Buch, welches unbedingt als nächstes zu meiner fast allabendlichen Lektüre gehören muss!
Ich mag Zombies!!!
Danke Dir erneut Harry für diesen Lesetipp :-)!
Die Sandy
@ Sandy. Ist seit heute auf dem Weg zu Dir.
@ mark13. Hab zwar nicht das Copyright drauf, fand ihn aber passend.
@Harry: Du bist ja verrückt (mmmmhhh, ich hab ein Déjà-vu, schrieb ich Dir nicht gerade so etwas in der Art?!) – das allerdings auf sehr angenehme Art und Weise :-)))!
Das schreit nach REVANCHE – ich lass mir was einfallen!
Die Sandy
Ist schon spät, ich bin müde und verzichte daher auf lange Erklärungen, wahrscheinlich will eh keiner wissen warum.Am Wahrscheinlichsten wird wohl sein, daß ich drumherum einfach zu viele andere bessere Bücher gelesen habe, aber ich fand EDEN mittelmäßig bis enttäuschend, ähnlich wie Justin Cronins "Der Übergang".
So...ziehe mir jetzt Matthew Delayne´s Golem rein.Gute Nacht und Grüße an die üblichen Verdächtigen(JA!IHR SEID GEMEINT!)
SNEAK.
@ SNEAK. Was hat Dir denn so missfallen an dem Buch?
@Harry:
Ich kann es gar nicht genau in Worte fassen.Ich denke es war das Zusammenkommen mehrer Faktoren.
Wenn z.B. ein Buch in der Zeit zusammenhanglose Sprünge macht,ok.
Wenn ein Buch kleine, aber unwichtige Mini-Kapitel mit Side-Storys einbaut, ok,etc.
Aber ich glaub hier kam mir alles auf einmal daher, so daß es für mich im Endeffekt ein Abzug in der B-Note gab.
Den Twist am Ende fand ich hingegen wiederum sehr gelungen!Hab vor Freude die Hände gerieben.
Obwohl ich weiß, daß EDEN eigentlich das größere Epos ist, fand ich Brian Keene´s Totes Meer oder Jonathan Marberry´s Patient Null besser zu "snacken".
Bin gerade mit Schätzing´s Limit durch-sehr gut aber laaaaaaaaaaaang!
Seit Kurzem genieße ich Delayne´s Golem-anders als Dämon aber sehr geil!
Grüße!
...ansonsten wie immer...nennen sie mich
SNEAK
@ SNEAK. Die angesprochenen Punkte unterschreib ich Dir ja voll und ganz, aber dafür hat Dir das Buch auch keine große Kunstpause gegönnt. Da geht es rund von Anfang bis Ende, mit den vielen Zitaten ("geklauten" Elementen)und vielen blutigen Härten fand ich das als Zombieroman schon passend.
Bei Keene und "Totes Meer" müsstest Du eigentlich ähnliche Abstriche machen, auch nicht gerade der Literat vorm Herren, bei Maberry stimme ich dir zu und warte auf Teil 2+3 voller Ungeduld.
"Golem" von Delaney muss noch warten, da ich erst noch einige Sachen für Shane "abarbeiten" muss, die in einer nächsten Sendung an ihn gehen sollen.
Gruß
Harry
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