Dienstag, 5. Oktober 2010

Geburtstagsspecial: Blade Runner bespricht Charlie Valentine!

Heute ist es mir eine Ehre, eine ganz besondere Besprechung zu präsentieren!Nach fast 19 Monaten konnte ich den geschätzten Kollegen Blade Runner, zumindest kurzzeitig, aus dem Ruhestand holen und ihn überreden zum 5 jährigen Geburtstag mal wieder eine Kritik zu verfassen. Ich denke die meisten können sich noch an Blade Runner erinnern, der mit über 2200 Reviews in der OFDb nicht mehr wegzudenken ist und einige Jahre erfolgreich den Blog Blade Runners Universum betrieben hat. Irgendwann änderten sich aber seine Interessen und vor allem gab es immer wieder zeitliche Probleme, so das er entschieden hat den Blog komplett zu löschen (nachdem jemand anderes eigentlich weiterführen wollte nicht geklappt hat) und nur noch wenige Filme überhaupt zu schauen. Was natürlich schade war, denn er hatte einige echte Highlights zu bieten. Und natürlich vermisse ich unsere Frotzeleien wie damals zu Miami Vice oder Snakes On A Plane:).


Doch wie in einem B-Actionfilm, fuhr ich los, fand ihn in einem einsamen Holzhaus in den Bergen, um ihn dann noch einmal für einen letzten Auftrag aus dem Ruhestand zu holen, damit er zeigen kann das er nichts verlernt hat *gg*.


Um nicht irgendwas zu besprechen hat er sich einen Film ausgesucht der bisher noch keine deutsche Besprechung erfahren hat. Nämlich Charlie Valentine von Jesse Johnson und damit schließt sich der Kreis, denn kaum ein anderer hat den Regisseur so promoted wie er. Absolut passend ist es auch das der Film endlich am 19.10.2010 in den USA eine DVD Veröffentlichung erhält. Dafür bekam der Film nicht nur einen neuen Titel, sondern auch einen neuen Trailer. Das alles findet Ihr jetzt bei diesem Geburtstagsspecial und Blade Runners Besprechung zu Charlie Valentine. Ich bedanke mich bei Blade Runner und wünsche nun viel Spaß!





 

REVIEW:

Es ist in den letzten beiden Jahren ruhig um Jesse V. Johnson („Pit Fighter“, Alien Agent“) geworden. Der ehemalige Stunt-Koordinator und Stuntman, der mit seinem Überraschungshit „Pit Fighter“ seinerzeit viel Beachtung fand und sich mit seinen Folgewerken „The Last Sentinel“ oder „The Fifth Commandment“ im B-Action-Bereich schnell einen guten Ruf erarbeitete, war eine zeitlang ein vielbeschäftigter Mann. Einerseits versuchte er mit persönlichen und deutlich ambitionierten Projekten wie „The Butcher“ oder „Charlie Valentine“ seine eigenen Filmvisionen zu realisieren, anderseits mit zumindest kommerziell erfolgreichen Auftragsarbeiten wie „Green Street Hooligans 2“ sich finanziell über Wasser zu halten. Als das nicht mehr gelang, aufgrund der Wirtschaftskrise 2008 / 2009 in Amerika die Budgets speziell für kleinere Produktionen knapper wurden und seine Projekte (u.a. der wie „Slumdog Millionaire“ angelegte „Martha May Jupiter“ oder ein Actionthriller mit Mark Dacascos nach eigenem Drehbuch), immer wieder gecancelt wurden, war er gezwungen wieder als Stuntman in größeren Hollywoodproduktionen wie „Avatar“ oder „Thor“ seine Brötchen zu verdienen.

Während dessen wurde „Charlie Valentine“, der bereits 2008 abgedreht wurde, von den Produzenten auf so ziemlich jedem erdenklichen Festival eingereicht und hamstert munter Preise ein. Vielleicht auch ein Grund warum der Jesse V. Johnson nicht komplett in Vergessenheit geraten ist und er nun einen erneuten Anlauf nehmen kann als Regisseur durchzustarten. Aktuell bereitet er mit Martial Arts – Experte Dominiquie Vandenberg („Pit Fighter“) einen 3-D-Martial-Arts-Kracher vor, zu dem bereits ein 20minütiger (!!!) Trailer existiert.

Sein „Charlie Valentine“ schlägt dagegen eine ganz andere Gangart ein. Knüpft er doch thematisch und stilistisch an „The Butcher“ an, aus dem Johnson offensichtlich gelernt hat. Mit 90 Minuten Nettolaufzeit vermeidet er Längen wie in „The Butcher“, bleibt aber dem Milieu, anachronistischen Figuren und eruptiven Gewaltausbrüchen, nicht immer ohne Selbstzweck, treu.

Denn Charlie Valentine, gefühlvoll und augenzwinkernd von Raymond J. Barry („Rapid Fire“, „Year of the Dragon“) verkörpert, ist ein stilsicherer Gangster der alten Schule, der einen letzten großen Coup landen will und sich dabei tüchtig verspekuliert. Der ausbaldowerte Plan geht nach hinten los, und sein Team stirbt im Kugelhagel. Nur Charlie kommt knapp mit dem Leben davon.



Ohne ihn von seiner misslichen Lage zu erzählen, flüchtet er zu seinem Sohn Danny („NCIS: Naval Criminal Investigative Service“ – Star Michael Weatherly) und dessen Freundin Jenny (Maxine Bahns, „The Elite“, „Paradise Lost“). Sein Filius, der sich als Spieler eher schlecht als recht über Wasser hält, zeigt sich schnell fasziniert von seinem Vater zu dem er nie ein besonders Inniges Verhältnis pflegte. So führt Charlie seinen Sohnemann in eine kriminelle Welt ein, die Danny schnell magisch anzieht.



Ähnlich wie „The Butcher“ lässt „Charlie Valentine“ seinen Figuren viel Zeit und Raum sich zu entfalten und stellt die eigentliche Story hinten an. Um Atmosphäre zu generieren, setzen die Hauptkulissen sich, wie in dem Milieu üblich aus Lagerhallen, Bars und Stripschuppen zusammen. Auch deshalb vermag der Zuschauer nachvollziehen, was für eine magische Anziehungskraft der Lebenswandel Charlies auf seinen Sohn ausübt. Im guten Glauben an seinen Vater lässt sich Danny in allen Gepflogenheiten der kriminellen Szene unterweisen. Doch sein Vater hat natürlich schnell wieder den nächsten Coup im Hinterkopf, um sich erneut abzusetzen. Aber da holt ihn schon wieder seine Vergangenheit ein, die sich als Nächstes seinen Sohn vornimmt...



Die exquisit besetzten Nebenrollen (u.a. Tom Berenger, ein wahnsinnig guter James Russo, Jesses Stammcrew: Keith David, Steven Bauer, Dominiquie Vandenberg, Jerry Trimble, Vernon Wells, Matthias Hues) werten „Charlie Valentine“ enorm auf und verhelfen ihm neben seinem 2,35:1 – Format zu einem sehr professionellem Layout. Dieser überzeugende Rahmen hebt die Produktion auch wohltuend von vielen Billigheimern ab, die in den letzten Jahren die Videotheken überschwemmen. Die Figuren und die Szenerien sind greifbar und keinesfalls auf Discount-Niveau.



Dem insgesamt doch zu gemächlichem Werk sollte der geneigte Zuschauer keinen großartigen Spannungsbogen und keine Actionorgie abverlangen. Beide Zutaten besitzt der Film zweifellos, konzentriert sich in erster Linie aber auf das Vater-Sohn-Drama mit dem absehbaren bösem Ende, das nicht unbedingt genretypisch in ein Blutbad ausartet.



Die dabei stets mitschwingende Melancholie, das Verharren in symbolträchtigen Momenten zwischen Vater und Sohn erdet „Charlie Valentine“ bewusst, so dass seine überzogenen Gewaltausbrüchen die Ambitionen Jesse V. Johnsons, nach „The Butcher“ erneut einen ruhigeren Stoff mit Tiefgang und interessanten Charakteren zu verfilmen, nicht übertünchen.





Fazit:

Mit „Charlie Valentine“ gelang Jesse V. Johnson ein gutes Gangsterdrama, das einige Fehler von seinem Vorgänger „The Butcher“ umgeht. Trotz der gemäßigten Gangart und den bewusst gesetzten Ruhepolen überzeugt „Charlie Valentine“ mit einer stringenten Handlung, die sich ihren Charakteren zuwendet und von den stark aufspielenden Darstellern veredelt wird. Ein Meilenstein gelang damit nicht, dafür fehlt es dem Drehbuch phasenweise leider an Substanz. Denn so viel Neues ringt Jesse V. Johnson dem Genre leider nicht ab. So bleibt ein unterhaltsamer, bisweilen sehr harter Gangsterfilm, der nicht komplett ohne genreübliche Klischees auskommt, jedoch gut unterhält. (7/10)

4 Kommentare:

Doc Savage hat gesagt…

Sehr cooles Geburtstagsspecial! Ehrlich, ich freu mich... mehr kann ich dazu einfacht nicht sagen :-)


PS: 7 von 10 Blade-Runner-Punkten?! Die Scheibe ist sowas von gekauft! ^^

Anonym hat gesagt…

Wie geil! Sowas hätte ich niemals erwartet. Freu mich auch!

Anonym hat gesagt…

Sehr, sehr schön! Wirklich wunderbar, mal wieder etwas von dem guten Blade Runner lesen zu dürfen.

@Blade Runner:
Ich bin schon so lange auf deine Meinung bzgl. des neuen M.Mann Streifens "Public Enemies" gespannt und würde mich sehr freuen, wenn du auch zu diesem Film noch einmal eine Kritik schreiben könntest. Du bist nämlich, wie ich, ein großer Verehrer von Mann als Regisseur und hast bis jetzt zu jedem seiner Filme etwas geschrieben. Habe bis zuletzt, die Hoffnung nicht aufgeben wollen, dass du dich wenigstens für die neuesten Michael Mann Filme zu einer Kritik bei der ofdb hinreißen lassen würdest.

Würde mich freuen, wenn du antworten würdest :D

@Shane:
Super, dass du den alten Halunken mal wieder an Bord geholt hast!

LG
Doc Holliday

Shane Schofield hat gesagt…

@ Doc Holiday

Als ich meine Anfrage gestartet habe war mein erster Gedanke auch Public Enemies. Ich zitiere einfach mal Blades Kommentar aus der Mail.

Zitat: "Aber eine Kritik zu Public Enemies wird es nicht. Dazu war ich von dem Film zu enttäuscht."

Das sagt wohl alles!