Sonntag, 18. Dezember 2011
Buchreview "Grippe"
Wayne Simmons. Eine hartnäckige Grippe geht um - eine Epidemie sogar, wie manch einer behauptet. Auf Plakaten sagen sie, du sollst dir beim Niesen die Hand vor das Gesicht halten. Tachentücher nur einmal benutzen. Zu dumm, dass sich diese Grippe nicht von solchen Maßnahmen aufhalten lässt. Hast Du sie dir erst eingefangen, klopfen schwer bewaffnete Polizisten an die Tür und sperren dich zu Hause ein, wo du alleine sterben musst. Und das wirst du innerhalb weniger Tage. Und wenn es dann mit dir zu Ende gegangen ist, dauert es keine zwei Stunden und du schlägst die Augen wieder auf.
Nach dem einleitenden Kapitel, in dem Polizisten die ersten Kranken isolieren, geht es ganz schnell. Irland wurde von der Epidemie überrolt. Jeder wird misstrauisch angeschaut, der nur leicht hüstelt. Die verschnupften Toten beherrschen die Straßen. Nur kleine Gruppen Überlebender haben sich an verschiedenen Orten verschanzt und versuchen, der Ansteckung oder dem gefressen werden zu entgehen, denn die Grippe killt ihren Wirt nicht nur, sie macht ihn auch gefräßig. Vor einer Militärbasis stapeln sich die Leichenberge, da man die Infizierten abschoss, um die Seuche einzudämmen. Doch auch das misslang und so sind in den Katakomben nur wenige Soldaten und Wissenschaftler plus wenige Offiziere übriggeblieben, die versuchen, durch Forschung dem Phänomen auf die Spur zu kommen. doch die zu Beginn eher lethargischen Keucher, die die Menschen um sich herum kaum beachteten, verwandeln sich langsam aber sicher in halbwegs intelligente Monster, die ihre Opfer einkesseln und dem Grauen eine neue Dimension verleihen. Während sich die Eingeschlossenen tapfer zur Wehr setzen, wird Irland vollständig abgeriegelt. Sie sind sich selbst überlassen. Nach und nach führen die Wege der verschiedenen Grüppchen zusammen und auch die Armee sucht die Überlebenden. Blutige Kämpfe und Hetzjagden prägen fortan das Geschehen und nicht alle kommen ungeschoren davon.
Der richtige Roman zur richtigen Jahreszeit. Sollte euch bei den Weihnachtseinkäufen eine Triefnase über dne Weg laufen, schlagt lieber einen Bogen drum. Wer weiß, was da auf euch zukommt. Und wenn es euch selbst erwischt, geht der Polizei aus dem Weg, denn die hilft garantiert nicht. Hoffentlich nimmt das unsere Regierung nicht als Anleitung für ihre neue Gesundheitsreform, mit der sie Arztbesuche künftig unbezahlbar für den Großteil der Bevölkerung machen will, indem sie einfach das Eintrittsgeld beim Arzt extrem erhöht, sodass die Kluft zwischen Arm und Reich nicht nur größer wird, sondern auch auf finanzieller Ebene die überflüssigen Kostentreiber, die den Reichen ihre Exklusivversorgung streitig machen, elegant aussortiert werden. Sicher wird es dann bald soweit sein, dass die Besserverdiener für jedes Fachgebiet ihren eigenen Arzt haben (denn die darf man ja nicht opfern, die Ärzte), da der Rest durch eine Art aktive Sterbehilfe (oder kann man das auch anders bezeichnen) vom Staat aus dem System genommen wurde. Wäre aber Pech für die so schlaue Regierung, wenn die Unterversorgten plötzlich wieder aufstehen und sich nehmen, was sie wollen. Stellt euch mal den Schreck der Führungsspitze vor, wenn die Untoten plötzlich Rente verlangen würden. Herrje, die armen Staatskassen. Der Roman selbst ist jetzt keine Revolution des Genres. Simmons erfindet es nicht neu. Einige wenige Charktere, die allesamt eine nicht sonderlich reine oder unbescholtene Vergangenheit haben, teilweise recht undurchsichtig sind, aber mehr hermachen als jeder Wichtel in einem Laymon-Werk, die Simmons stilistisch bei Weitem übertrifft, kämpfen in fast aussichtloser Situation um ihr Überleben. Das kommt daher wie ein Steak, bevor es gebraten wird - nämlich roh und blutig. Mit einem alles andere als gemächlichen Tempo skizziert der Autor die Katastrophe und würzt das Ganze auch noch mit Zutaten der irischen Revolutionsgeschichte, dem Terror der IRA, aber auch dem Fehlverhalten der Armee, der Politik der Briten aber auch der Sinn Fein. Da kann man sogar von Tiefgang sprechen, wenn er Folter oder gezielte Tötungen beider Seiten anspricht und als Fazit zieht: Irland ist endlich vereint - im Tode. Action sowie eine Portion Geschnetzeltes runden den ca. 275 Seiten langen Roman ab. Irgendwie besonders menschenverachtend und grausam sind die Szenen, wenn Kranke in ihre Wohnung zurückgedrängt werden - und zwar mit Waffengewalt durch die Ordnungshüter - und Familien mit Kindern künftig hinter zugeschweißten Türen und Fenstern sterben und wiederauferstehen dürfen. Eine schreckliche Vorstellung. Zuletzt widmet er sein Werk noch der Vogelgrippe, der Schweinepest und dem Rinderwahn. Seine Grippe könnte durchaus der nächste Schritt sein. Und wie positiv man das Ende bewerten will, bleibt jedem selbst überlassen. Aus meiner Sicht garantiert kein Happy-End. Ein blutiger und unterhaltsamer Horroroman, der zwar nicht mit vielen Neuerungen aufwarten kann, aber das Zombiegenre würdig vertritt.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Die zweite Grippewelle von Simmons liegt mir zwar vor, aber vorerst muss ich mich mal mit Dan Brown und seinem Inferno beschäftigen. Danach kommt dann wahrscheinlich "Inkubation - Grippe 2" dran.
Kommentar veröffentlichen