Samstag, 3. Mai 2014

Buchreview "Der Widersacher" M. Connelly

Michael Connelly. Detective Harry Bosch bekommt zwei Fälle auf den Tisch: Vor über zwanzig Jahren wurde eine Studentin vergewaltigt und umgebracht. Endlich können die DNA-Spuren von ihrer Leiche einem einschlägigen Sexualstraftäter zugeordnet werden. Doch der Mann war damals erst acht Jahre alt. Der zweite Fall hat sich gerade ereignet: Der zwielichtige Sohn eines einflussreichen Stadtrates von Los Angeles ist auf mysteriöse Weise aus dem siebten Stock eines Luxushotels gestürzt. Selbstmord – oder Mord?

Harry Bosch und sein Partner David Chu sind in der Abteilung Offen/Ungelöst und erhalten ihre Fälle am Schreibtisch und müssen nicht zu einem Außeneinsatz gerufen werden. Sie bekommen den Fall von Lily Price zugeteilt. Doch etwas stimmt daran nicht: Der Verdächtige in der Sache war zum Tatzeitpunkt erst acht Jahre alt. Identifiziert wurde er anhand eines kleinen Blutflecks auf dem Hals des Opfers. Dennoch ist es schwer vorstellbar, dass ein achtjähriger Junge diesen Mord begangen haben soll. Lange sitzen sie nicht an ihren Schreibtischen in ihrem Kabuff, kommt doch plötzlich ihre Chefin zu ihnen und schickt sie raus. Harry wurde extra vom Stadtrat angefordert, um den Tod seines Sohnes zu untersuchen. Harry ist nicht zu Unrecht skeptisch, haben er und Stadtrat Irvin Irvng sind fast schon so etwas wie Intimfeinde - und da soll dieser gerade Harry angefordert haben? Der Tatort ist in einem Hotel und der Mann ist anscheinend vom Balkon des Zimmers gesprungen, das er erst kurz zuvor bezogen hatte. Sie müssen sich den Fall mit zwei anderen Detectives teilen, die sich sofort und ohne große Umstände für Selbstmord und kein Fremdverschulden entschieden haben. Doch Bosch fallen diverse Kleinigkeiten auf, die ihn unsicher werden lassen, was die Diagnose der beiden anderen Polizisten angeht. Er lässt sich die Bänder der Überwachungskamera aushändigen und auch den Safe öffnen, der sich im Zimmer befindet. Immer noch spricht alles für Selbsttötung. Aber eine Befragung der umliegenden Bungalows ergibt, dass sich ca. zwei Stunden vor dem errechneten Todeszeitpunkt jemand auf der Feuerleiter des Hotels auf der Seite, wo das Zimmer des Toten liegt, nach unten bewegt hat. Jetzt nimmt Harry die Spur auf und findet das Taxiunternehmen, mit dem der Tote ins Hotel kam. Und schon hat er einen ersten Verdächtigen. Ist auch gut so, da ihm der Stadtrat im Genick sitzt und schnelle Ergebnisse will. In der Zwischenzeit muss aber auch der andere Fall bearbeitet werden. Sie finden den Mann, dessen Blut an der Frauenleiche war, in einer therapeutischen Einrichtung, in der Straftäter freiwillig an Sitzungen teilnehmen können und dort auch wohnhaft sein dürfen sowie verpflegt werden. Der Mann ist wirklich kein Heiliger, gibt ihnen aber Informationen, die in eine andere Richtung deuten, als dass er der Täter gewesen sein könnte. 

"Der Widersacher" ist eine klassische Kriminalstory, die sich ausführlich dem "High Jingo" widmet, der polizeiinternen Politik, für die sich jeder weit aus dem Fenster lehnt und um Posten schachert. Und um einen Stadtrat, der bei der Polizei gescheitert ist und von seiner neuen Position aus den Betrieb ausbremst, wo er nur kann. Kleinliche Rachegelüste bahnen sich ihren Weg. Dennoch lässt er den verhassten Bosch an den Fall seines Sohnes. Eigentlich sehen beide Fälle lange aus, wie recht simple 08/15-Angelegenheiten. Doch mit Fortschreiten der komplexen Handlung, in die auch etwas Emotion hinsichtlich Boschs Privatleben eingeflochten ist, wendet sich die Geschichte weg von den scheinbaren Belanglosigkeiten hin zu politischem Kalkül gegen das der "Kölsche Klüngel" ein Kaffeekränzchen ist. Bosch und auch andere Aktive werden benutzt, lassen sich benutzen, spielen der Presse Informationen zu und verfogen abseits der Arbeit eigene Ziele. Harry Bosch ist ein Mann mit Prinzipien und das lässt er Einige in seinem Umfeld spüren. und wenn ihn mal jemand enttäuscht hat, wird es schwer für die Person, sein Vertrauen zurückzugewinnen. All dies erschwert seinen job, den er aber dennoch nach eigenen Regeln erledigt und dabei zum Ende hin für einige Überraschungen und Wendungen sorgt. Und hier sollte man auch nicht vorschnell glauben, dass alles gekläört wäre, denn es ist wie bei einem film, bei dem man den Abspann nicht schaut und der doch noch einen neuen Zug in die Handlung bringt, indem er ganz zum Schluss noch einige kurze, aber wichtige Szenen bringt. So ist "Der Widersacher" auf jeden Fall spannend und clever konsturiert, zwar ohne große Action, wenn man von ein, zwei Szenen absieht, aber immer interessant. Korruption, Missbrauch, Psychopath und Serienkiller geben sich in diesem Buch die Hand und beweisen, dass Michael Connelly trotz des einen oder anderen mittelmäßigen Romans nichts von seiner Klasse eingebüßt hat. Der nächste Bosch - "Black Box" - ist bereits erschienen und wird alsbald ebenfalls besprochen. Neugierig bin ich auch drauf, was sie nun aus der Serie gemacht  haben, in der Titus Welliver den Harry Bosch mimt. 

Keine Kommentare: