Sonntag, 23. Juni 2019

Buchreview "Ausgezählt" D. Baldacci

David Baldacci. Als Atlee Pine sechs Jahre alt ist, dringt ein Mann in ihr Kinderzimmer ein und entführt ihre eineiige Zwillingsschwester Mercy. Mercy taucht nie wieder auf. Knapp dreißig Jahre später ist sie zur einzelgängerischen FBI-Agentin geworden. Sie soll in einem typischen Provinzfall ermitteln: Am Grund des Grand canyon wurde ein aufgeschlitztes Maultier gefunden. Doch dann stößt Atlee auf Spuren einer mörderischen Verschwörung. Kann sie die höchste Gefahr für Amerika abwenden.

Vielschreiber (oder Schreibfabrikinhaber?) David Baldacci hat sich eine neue Hauptfigur ersonnen. Zeitgemäß weiblich, zeitgemäß mit Trauma und einer entführten Zwillingsschwester, mit einem unerschütterlichen Glauben an sich selbst und an die Wahrsagerei, tätowiert, kampferfahren und groß und kräftig. Damit sie in ihrer gewählten Einsiedlerei nicht ganz so allein ist, kommt ihr zustatten, dass der Autor ihr einen Ranger, der  - man glaubt es kaum - ebenfalls ein traumatisches Erlebnis mit sich herumschleppt. Da können sie gemeinsam über die Vorteile der Hypnose philosophieren und sich näherkommen, wenn auch nur ein bisschen. Und weil Frauenpower hier vorherrscht, bekommt Atlee Pine noch eine Kollegin an die Seite gestellt, die etwas an andere Serien erinnert, weil da ja auch unterschiedliche Charaktere zu Partnern gemacht werden. Die ersten 30 Seiten des Buches sind dann auch Drama pur, danach wird es besser, aber die schlaue und coole Pine wird ja von ihren männlichen Vorgesetzten derart missverstanden, dass sie in ihrem Kaff eim Grand Canyon glücklich ist, weit vom Schuss zu sein. Glaubt ihr einfach keiner, dass das tote Maultier nur die Eröffnung zu etwas Größerem ist. Das Interresse des Lesers ist also schon mal geweckt und dann entwickelt sich das Ganze zu einem internationalen Fall, der es in sich hat. Der Weg zur Lösung ist weit, kostet ein paar Leben und hat schon so einigen Thrill aufzubieten. ABER, Freunde der Sonne, was er da als große Verschwörung anbietet, ist derart unglaubwürdig, dass es fast schon ärgerlich ist. Groß aufgebauscht kommt am Ende doch nur ein laues Lüftchen, denn eines richtigen Showdowns. Kein flottes Finale, keine großen Entlarvungen, sondern eher mit kleiner Dosis erwähnte Rücktritte. Da wird mit Waffen geprotzt, dunkle Helis ins Spiel gebracht, dass es den Anschein bekommt, man könne hier so richtig an geheimer Agentenaction unterschiedlicher Geheimdienste teilnehmen und muss stattdessen lesen, dass ein paar umherfliegenden Kugeln am Ende im Canyon und ne Vertuschung den Schluss bilden. Schluss ist übrigens noch längst nicht mit der Suche nach der verschwundenen Schwester. Man braucht ja noch einen Aufhänger für das nächste Abenteuer von Atlee Pine. Liest sich flott, hat einige spannende Momente, nervt aber auch durch eine Realitätsferne, die so manch einen Autor reiner Action mit Überhelden in den Schatten stellt. Da sind die "Avenger"-Filme näher an der Realität dran. Und die "Vorfreude" auf mehr Emotionsmüll, den sie seitenlang in den Folgebüchern mit irgendjemand teilt ist ja nun auch "immens". Also nö, so wirklich war das nichts mit den flachen Charakteren rund um die Protagonistin herum. Only Pine rulez. Aber nur für 4/10.

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