Dienstag, 9. Mai 2017

Buchreview "Kühe" M. Stokoe (mit Lesewarnung)

Matthew Stokoe. Steven ist 25 Jahre alt. Im Fernsehen beobachtet er all die perfekten, fröhlichen Menschen und träumt davon, selbst das normale Glück zu finden. Vielleicht mit Lucy, die eine Etage über ihm wohnt - auch wenn ihre Besessenheit für Vivisektionen echt krank ist. Aber Stevens Mutter würde das niemals zulassen. Sie hasst ihn und will ihn zerstören. Als Steven Arbeit in einem Schlachthaus findet, offenbart ihm der unvorstellbar perverse Vorarbeiter Cripps, wie man durch das Töten von Kühen echte Erfüllung findet. Doch die Tiere beginnen mit Steven zu reden und sie bitten um Hilfe.

Steven erlebt zu Hause die Hölle. Muttern ist eine versiffte Schlampe, die ihn tagein tagaus striezt, ihm ungenießbaren Fraß vorsetzt und zwingt, den Rotz auch noch zu fressen. Sein Leben spielt sich ansonsten vor dem Fernseher ab, der ihm die Bilder bietet, die er gerne als Familienleben sehen würde. Mit seinen 25 Jahren wird es auch Zeit, sich einen Job zu suschen. Den bekommt er in der Schlachterei und kommt unter die Fittiche des Vorarbeiters Cripps, der ihn anlernt - und als Frischling wird er auch gleich getestet. Was er dann erlebt, geht nicht mal mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. Gewaltexzesse und sprechende Kühe, die ihn um Hilfe bitten. Einen manipulativen Bullen und eine Herde unter der Erde. 

Unappetitlich bis zum Bersten. So kann man die ersten Seiten dieses Romans beschreiben. Mägen aus Stahl, Eier aus Granit und eine starke Abstumpfung gegen jegliches Leid irgendwelcher Lebewesen sind fast schon Grundausstattung, um die erste Hälfte zu überstehen. Die wimmelt nur so vor ekelerregenden Szenen, gegen die "Das Schwein""Bighead" und andere Werke von Edward Lee Kindergeburtsagsgschichtchen sind. Die Figuren - Mensch und Tier -  wandeln zwischen zwei Extremen: die arme geschundene Kreatur (Steven oder auch Hund - kein weiterer Name) oder die skrupellosen Täter. Cripps, der irre Killer und Boss der Schlachtergruppe oder Gummy, der verunstaltete Tierschänder. Hier werden Kühen nicht nur weitere Löcher gebohrt, die dann die gesamte Schlachter Bande rammelt. Hier wird Kot gefressen, beim Schlachten eher gemetztelt und gefoltert, Körperteile abgehackt und zerlegt und als Sexspielzeug benutzt - und als Steven endlich seine Rolle dort findet, akzeptiert wird, ist er schon mitten in einem Prozess, der ihn verändern soll und wird. Die Kühe, speziell der Guerney-Bulle, sprechen mit ihm und seine Persönlichkeit wird stärker. Er widersetzt sich seinem "Muttertier" und beginnt zu kämpfen - um seinen Platz in der Gesellschaft. Wobei ihm beide Parteien Gegner vorsetzen. Und immer wieder ist bei Steven die Rede von einer der sauberen und netten Familien, die zusammen glücklich sind - und nur auf dem Schein des Fernsehens basieren, fernab jeglicher Realität. Sein Wunschtraum während des Leidens unter dem Muttertier. Um dies zu erreichen, muss er aber den Mächtigen ihre Macht nehmen, sich auflehnen, vom Gefolge zum Führer der Massen werden. Das gelingt nicht so einfach - und am Ende??? Wünsche erfüllt? Gesellschaftskritik in ihrer wohl bis dato ekelhaftesten Form. Eine Wertung für das Buch nach Punkten? Nö, unmöglich, so aus der Reihe ist es. Ich kann es auch nicht zum Lesen empfehlen, aber ebenso wenig verdammen. Das Ganze ist wie ein Test. Man muss es probieren. Mir hat es jedenfalls stellenweise ordentlich den Appetit verhagelt bei derart vielen Kackwürsten zum Frühstück. für das Buch müsste man vielleicht eine Extra-Reihe beginnen - Festa-EXTREM extrem. So kommen dann auch 260 extremste Seiten zusammen. Wer zuvor "High life" und "Empty mile" gelesen hat, sollte wissen, dass "Kühe" die Gesellschaftskritik von der blutigen und brutalen Seite ausgeht.

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