Donnerstag, 3. September 2015

Buchreview "Gegenschlag" W. Jordan

Will Jordan. Bei einem Anschlag in Washington D.C. werden mehrere russische Abgeordnete getötet. Ryan Drake, Chef einer CIA-Eingreiftruppe, traut seinen Augen kaum. Hat sich die ehemalige Agentin Anya, die er vor Jahren aus einem russischen Gefängnis befreit hat, einer terroristischen Vereinigung angeschlossen? Die Suche nach Antworten führt Drake bis nach Moskau. Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner Pflicht als CIA-Agent und seiner Loyalität zu Anya. Kann Ryan Drake sie stoppen? Will er das überhaupt?

Drake erhält an einem dunklen Abend in Washington eine SMS, die ihn zu einem Treffpunkt lotst. Einem Treffpunkt, an dem Anya auf ihn wartet. Aber nicht so, wie e es sich vorgestellt hatte. Denn Anya hatte kurz zuvor mit einem Hochleistungsgewehr die Limousinen einer russischen Delegation beschossen, die zu friedlichen Gesprächen mit den Amerikanern im Land war. Während die Fahrer getötet werden, überlebt eine Agentin, aber sie und ein Delegationsmitglied werden entführt. Drake trifft am genannten Ort ein, als Anya gerade ihre Waffe zusammenpackt. Sie sieht ihn und seilt sich blitzschnell von dem Dach ab, das sie als Schützenplatz genutzt hatte. Drake kann von seinem Standort aus sehen, wie ein Krankenwagen zu den Russen rast. Doch kaum ist er da, fährt er auch schon wieder ab. Das ging viel zu schnell, da muss etwas faul sein. Doch vorerst kann er sich nicht darum kümmern, da jetzt die Polizei einige Fragen an ihn hat. Drake und die Polizei, die ihm endlich glaubt, dass er nicht beteiligt war, finden den Aufenthaltsort des Krankenwagens und der Entführten. Doch der Mann ist tot, während die Frau gerettet werden kann. Drake will nun wissen, was hier vor sich geht, bekommt aber Probleme mit Franklin und zieht auf eigene Faust los. Hilfe holt er sich bei McKnight, Frost und Mason. Dem Mason, dem er vor Kurzem die Diensttauglichkeit aufgrund der in Sibirien erhaltenen Verwundung abgesprochen hatte und der seitdem seinem Frust freien Lauf gelassen hat. Dennoch macht er mit. Die Spuren führen nach Russland. Der Sprengstoff, mit dem die Entführer ihre Spuren versicht hatten, kam aus Norilsk. Dorthin machen sich McKnight und Frost auf den Weg. Anyas weg hingegen führt anscheinend von Kanada via Moskau unter falschem Namen nach Grosny. Bevor sie nach Moskau fliegen, holt sich Drake die Erlaubnis in der russischen Botschaft, auf russischem Hoheitsgebiet ermitteln zu dürfen. Doch Anya findet er deshalb noch lange nicht - und was dahinter steckt ahnt er noch nicht einmal.

Die Hauptpersonen des Buches sind Anya - wie eh und je undurchsichtig und geheimnisvoll sowie gefährlich, Drake - hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und Anya sowie Mason - stur und dickköpfig will er trotz Medikamentensucht wieder in den Dienst zurück. Dieses Dreieck führt zu Konflikten innerhalb von Drakes Truppe. Die Auseinandersetzungen drohen alles zu gefährden. Auch weil Drake in seiner vermeintlichen Hörigkeit Anya gegenüber nichts mehr um ihn herum richtig wahrnimmt, seinen Kollegen gegenüber ungerecht ist und sie immer wieder vor den Kopf stößt oder gar gefährdet. Und er maßt sich an, Mason zu kritisieren, der eigentlich nur auf andere Weise ähnliche Fehler begeht. Der geschlossene Burgfrieden bröckelt. Und auch Frost und McKnight werden in dieses Dilemma mit hineingezogen, ohne es zu wollen. Und Anya? Die macht ihr Ding. Lässt keinen ihren Plan erkennen. Und während der Leser bei eben diesem Plan ebenso lange im Dunkeln bleibt wie Drake und seine Leute, bekommt zumindest der Leser etwas aus Anyas Vergangenheit serviert, die mit schwierig nur unzureichend beschrieben ist. Bedroht, manipuliert, fallengelassen, eingesperrt. Bis sie von Drake befreit wurde. Auf den rund 670 Seiten nehmen also auch menschliche Dramen ihren Lauf, die aber von einem gut durchdachten Plot, den unterschiedlichsten Charakteren und einem netten Schwung an Action getragen werden. Das Tempo ist, die Spannung ebenso, dam man nie weiß, was hinter all dem steckt, wie perfide die Verschwörung überhaupt ist, in die die Protagonisten da geraten sind. Will Jordan steuert konsequent und geschickt  auf ein grauenhaftes Szenario zu, mit dem keiner wirklich rechnen konnte, so unglaublich unmenschlich ist es. Alles in allem ist es ein packender Thriller mit feinen Actionsequenzen und einem dynamischen Finale. Eindeutig eine Kaufempfehlung. Es wäre ratsam die beiden Vorgänger "Mission: Vendetta" und "Der Absturz" auch zu lesen, um die komplexen Beziehungen diverser Figuren zueinander voll erfassen zu können. Das Ende weist auf einen weiteren Teil hin, der in der Heimat des Autors als "The Black List" schon zu kaufen ist und es soll wohl auch schon an einem fünften Buch gearbeitet werden. Also, lieber Verlag in Deutschland, bitte auch bei uns veröffentlichen. Derartig gelungene Spannungsromane gibt es leider viel zu selten. Die Briten wissen schon, was sie machen. Haben sie früher mit Autoren wie Matt Chisholm (Peter C. Watts) und George G. Gilman (Terry Harknett) den Amerikanern auf dem Gebiet des Westernromans gezeigt, dass sie sich nicht hinter den Cousins in Übersee zu verstecken brauchen, sind es heute Künstler wie Will Jordan oder Tom Wood, die in die Phalanx der Amerikaner einbrechen und gewillt sind, sie vom Thrillerthron zu stoßen. Ja, unsere "Inseleuropäer" - Fußball-Weltmeister werden sie vermutlich nie mehr, aber Thriller schreiben, DAS können sie.

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