Freitag, 22. Februar 2019

Buchreview "Wer ist Michael Swann?" B. Reardon

Bryan Reardon. In der Penn Station in New York explodiert eine Bombe. Daher ist Julia Swann erleichtert, als ihr Mann Michael, der zu der Zeit im Bahnhof war, eine SMS schickt. Aber dann statten Beamte der Terrorabwehr Julia einen Besuch ab und zeigen ihr ein Überwachungsvideo, in dem Michael vom Tatort flüchtet. Offenbar hat er die Bombe gezündet. Julia glaubt jedoch nicht, dass ihr Mann ein Terrorist ist. Sie ist entschlossen, Michael vor der Polizei zu finden und ihm zu helfen. Ein gnadenloser Wettlauf beginnt.

"Wer ist Michael Swann?" - nach der Lektüre kurz und schmerzlos: Er ist ein Langweiler, ein Labersack. Die Inhaltsangabe verspricht viel und hält wenig. Was da noch klingt wie ein rasanter Thriller mit Gedächtnisverlust im Bourne-Modus entwickelt sich leider zu einem Drama mit eingestreuten Spannungsmomenten, die wenig herumreißen können. Schon in der Einleitung kommt der erste Dämpfer, da der Protagonist aus seiner Perspektive erzählt und nicht nur meint, dass es ihre (seiner Gattin)  Geschichte wäre und nicht seine und er ihre Sicht der Dinge nur erzählen könne, weil sie aus seiner - ihrer beider - Seele komme. Vielleicht ist ja etwas Mystery in dem als Thriller angekündigten und beworbenen Buch. Nö, ist auch nix von vorhanden. Nach dem großen Knall kommt es zu den emotionalen Auswirkungen auf die Hauptfiguren, die in unangenehme Länge ausgedehnt werden, die den "Thriller" zusammen mit etlichen Rückblenden in die Vergangenheit des Paares maximal ausbremsen. Zwar versucht der Autor in Ansätzen mit oberflächlicher Gesellschaftskritik (Ausbeutung, Verdrängung, Gewinnmaximierung auf Kosten der Mitarbeiter, Politik usw.) ein Tatmotiv zu installieren, braucht dafür aber zu lange und dann wird es nur in Nebensätzen eingeflochten. Wäre ja auch eine ganz nette Idee, wäre das Drumherum nicht so langweilig. Flucht und Selbstfindung des Michael Swann wecken nicht den geringsten Nervenkitzel, man beobachtet irgendwie nur und versucht, das Buch NICHT in die Ecke zu feuern und sich einem anderen, hoffentlich besseren zu widmen. Wirklich etwas Thrill kommt erst rund 40 Seiten vor dem Ende in die Sache, bringt eine Wendung, die gefällt, aber zu spät installiert wurde, um die Story noch zu retten. Und der Epilog setzt dann der Enttäuschung noch einen drauf, weil er so überflüssog ist wie ein Kropf. Wurde/wird als Thriller beworben, habe es als Thriller gekauft und ein Familiendrama erhalten, das man als TV-Zweiteiler verwerten kann, der irgendwann auf Sendern wie Vox oder so um 20.15 Uhr läuft. Die meiste Zeit unspannend, die überlangen Werbepausen stelle man sich als Rückblenden im Buch vor und das bisschen Tempo und Action als Schneckenrennen. Dann wäre da noch der Schreibstil des Autors. Wie oft habe ich schon gelesen, dass Autoren der Action- oder Horrorsparten literarisch unterste Schublade seien. Mag ja hin und wieder stimmen, aber es kann unterboten werden. Bryan Reardon beweist es. Dazu kommen einige Ungereimtheiten hinsichtlich der Opferzahlen, der Telefonnutzung und weitere Kleinigkeiten, die sich zu einem Ärgernis summiert haben. Große Gefühle statt Thrill, viel Gelaber statt Spannung und eine Inhaltsangabe, die etwas völlig anderes suggeriert als man im Endeffekt erhält. Im Filmgeschäft werden ähnliche Methoden angewandt, indem man Trailer so schneidet, dass sie einen grandiosen Actioner versprechen und man dann feststellt, dass man sämtliche Actionszenen des Gesamtwerks in die zwei Minuten des Trailer gepackt hat und der Rest stellt sich als anderes Genre dar. Werbung, klar. Aber irgendwann vergrätzt man mit diesen Methoden die Kunden. Reardon ist für mich jedenfalls jetzt erledigt, teils wegen der Story und teils wegen der Verlagspolitik. 4/10 - und die nur wegen dem Kniff kurz vor Ende. Kannich nicht empfehlen. Zumindest nicht als Thriller.                     

Keine Kommentare: