Montag, 4. März 2019

Buchreview "Der Freisteller" D. E. Westlake

Donald Westlake. Burke Devore ist verzweifelt. Vor zwei Jahren flatterte ihm die Kündigung auf den Tisch. Die Firma floriert seitdem, und ihm, Burke, blieb nichts außer einem feuchten Händedruck und Absagen über Absagen. Aber jetzt reicht es. Wenn ihm keiner einen Job geben will, dann muss er eben selbst dafür sorgen. Burke hat einen teuflischen Plan.

Geschichte um einen Mann, der einen Job hat und ruhig mit seiner Familie in einer Vorstadt lebt, in einer Art "Desperate Housewives"-Idylle. Man kennt sich in der Nachbarschaft, man unterhält sich, man tratscht auch, aber wirkliche Probleme bleiben unter dem Teppich. Bis Burke Devore vor zwei Jahren seinen Job verloren hat. Und heute immer noch Bewerbungen schreibt und Ablehnung erntet. So langsam gehen den Devores die Finanzmittel flöten, man hat eh schon über die Verhältnisse gelebt. Es wird knapp. Verzweiflung macht sich breit - eine Idee muss her. Und der Leser folgt dem Arbeitslosen bei seiner letzten - aus seiner Sicht noch möglichen - Maßnahme, den Absturz zu verhindern. Mitbewerber müssen ausgeschaltet werden. Und während der Protagonist seine Leidensgenossen besser versteht als jeder andere, schickt der Autor ein gerüttelt Maß an Gesellschaftskritik und der Gier nach Gewinnmaximierung auf Kosten von Menschen in die Manege. Mit einer ordentlichen Portion schwarzen Humors rüttelt Donald Westlake an dem, was hierzulande als Hartz IV bezeichnet wird und eine eher unmenschliche und vor allem unwürdige Behandlung von ehemaligen Arbeitnehmern ist, die größtenteils nur der Gier zum Opfer gefallen und dem Staat, der eine gewisse Fürsorgepflicht ausüben sollte, einfach zu teuer sind. Und so fragt sich die Hauptfigur irgendwann schon, warum er nicht ähnlich rabiat mit seinen Kollegen oder Mitbewerbern umgehen soll, wie man es ihm von staatlicher Seite vorlebt? Eigentlich nur eine Gewöhnungssache. Und während er die Konkurrenz nach und nach ausschaltet, wird auch klar, dass er die Angelegenheit humaner angeht, als der Staat. Devore beendet die Leiden seiner Schicksalsgenossen schnell, während der Staat sie der öffentlichen Demütigung preisgibt und sie ganz langsam in den Abgrund schickt, ausnutzt und ausgrenzt, aus der Gemeinschaft ausschließt. Und das ohne jegliche Reue. Routinierter Thriller mit hintergründigem Humor und ein Verweis auf die unmenscliche Geschäftswelt, die von den jeweils Regierenden noch unterstützt wird. Starker Tobak und das schon vor Zwanzig Jahren. 9/10.

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